Gehörlosigkeit – Formen, Symptome & Behandlung

Gehörlosigkeit – Formen, Symptome & Behandlung
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Inhaltsverzeichnis

Übersicht zur Gehörlosigkeit und Hörbehinderung

  • Definition: Hörbehinderung, Beeinträchtigung des Hörvermögens
  • Ursachen: 
    • Angeborene Hörschädigung
    • Sauerstoffmangel bei der Geburt
    • Meningitis
    • Hörsturz
    • Fehlfunktionen des Ohres
    • Verletzungen
    • Altersschwerhörigkeit
  • Symptome: Bestimmte Frequenzen und Lautstärken können nicht mehr gehört werden
  • Diagnose: Anamnese bei HNO-Arzt, diverse Hörtests
  • Behandlung: Medikamentöse/Operative Behandlung, Hörhilfen, Implantate
  • Kommunikation: Gebärdensprache, „Lippenlesen”

Gehörlosigkeit Definition: Was ist eine Hörbehinderung?

Eine Hörbehinderung ist eine Beeinträchtigung des Hörvermögens. Diese kann von Hörminderung über Schwerhörigkeit bis hin zu Gehörlosigkeit reichen. Dies kann angeboren oder im Laufe des Lebens erworben sein.

Gehörlosigkeit bedeutet konkret, dass Geräusche und Töne aufgrund einer beidseitigen Taubheit der Ohren nicht mehr wahrnehmbar sind. Die medizinische Definition von Gehörlosigkeit bezieht sich jedoch lediglich auf das Hörvermögen.

Anatomie des Ohres: Wie funktioniert das Gehör?

Das Ohr untergliedert sich anatomisch in drei Teile:

  • Außenohr
  • Mittelohr
  • Innenohr

Das Außenohr besteht aus der Ohrmuschel und dem äußeren Gehörgang, durch den die Schallwellen ins Mittelohr gelangen.

Der Übergang zum Mittelohr bildet das Trommelfell, welches direkt mit dem Hammer (Malleus) verbunden ist. Dieser bildet zusammen mit zwei kleinen Knochen Amboss und Steigbügel die Gehörknöchelchen. Sie leiten Schall vom Trommelfell über das Mittelohr in das Innenohr, wo die Hörwahrnehmung sitzt.

Das Innenohr und das Mittelohr befinden im Felsenbein, einem Teil des Schädels. Von den Gehörknöcheln wird der Schall über das ovale Fenster in die mit Flüssigkeit gefüllte Hörschnecke übertragen.

In der Hörschnecke wird der Schall registriert und über die Hörnerven ins Gehirn geleitet, zunächst im seitlichen Gehirn verarbeitet und dann in höhere Verarbeitungszentren geschickt. Der Schall kann den Weg über das Trommelfell umgehen und auch über den Schädelknochen in die Hörschnecke gelangen (Knochenleitung).

Jeder Schritt der Hörwahrnehmung und der anschließenden Verarbeitung kann gestört sein und somit zu Taubheit führen.

Anatomie des Ohrs

Diese Fehlfunktionen des Ohres können zur Gehörlosigkeit führen:

  • Angeborene Schalleitungsstörungen
  • Vermehrtes Knochenwachstum im Gehörgang (Exostose)
  • Verengungen (Stenosen) durch Narben und Entzündungen
  • Chronische Mittelohrentzündung
  • Chronische Belüftungsstörung der Ohrtrompete
  • Otosklerose

Welche Formen der Gehörlosigkeit gibt es?

Man unterscheidet die beiden Formen Schallleitungsschwerhörigkeit und Schallempfindungsschwerhörigkeit. Der Verlauf kann dabei entweder akut oder chronisch sein.

Unterschieden werden kann auch zwischen absoluter und praktischer Taubheit:

  • Absolute Taubheit: Bedeutet einen Hörverlust von mehr als 60 Dezibel im Bereich 125 – 250 Hertz sowie von mehr als 100 Dezibel im restlichen Frequenzbereich.
  • Praktische Taubheit: Bedeutet, dass Hörverluste zwischen 85 – 100 Dezibel vorliegen. Diese Resthörigkeit ermöglicht noch eine Wahrnehmung einzelner Töne oder Geräusche.

Daneben definiert man die Gehörlosigkeit auch über sprachliche und kulturelle Identität. Demnach sind Menschen mit beeinträchtigten Hörvermögen Hörbehinderte, die meist in Gebärdensprache kommunizieren. Oft sehen sie sich als Teil dieser Sprachgemeinschaft und deren Kultur.

Einteilung nach Auftreten der Gehörlosigkeit

Eine Gehörlosigkeit kann angeboren und somit schon bei der Geburt vorhanden sein (angeborene Gehörlosigkeit). Oder aber sie bildet sich im Laufe des Lebens (erworbene Gehörlosigkeit). Je nach dem, zu welchem Zeitpunkt die erworbene Hörbeeinträchtigung auftritt, unterscheidet man verschiedene Formen.

Diese Formen der Gehörlosigkeit werden unterschieden: 

  • Prälinguale Gehörlosigkeit: Die Betroffenen sind bereits gehörlos, bevor sie eine Sprache entwickeln können.
  • Postlinguale Gehörlosigkeit: Die beidseitige Taubheit erfolgt erst nach abgeschlossener Sprachentwicklung.

Diese Unterteilung ist wichtig hinsichtlich der Folgen, die eine Gehörlosigkeit oder beidseitige Taubheit haben kann.

Geht das Hörvermögen beider Ohren vor dem 7. Lebensjahr verloren, ist dies häufig mit vollständigem Verlust des bereits erworbenen Sprachwortschatzes verbunden. Die Folge ist Stummheit. Beginnt die absolute oder praktische Taubheit hingegen nach dem 7. Lebensjahr, bleibt der Wortschatz erhalten.

Schallleitungsschwerhörigkeit

Bei der Schallleitungsschwerhörigkeit kann der Schall nicht mehr richtig an das Innenohr weitergegeben werden. Sie entsteht durch einen Verschluss des Gehörgangs oder durch Schädigungen der schallleitenden Strukturen, meist durch Veränderungen im Bereich des Ohres an der äußeren Seite oder des Mittelohres.

Eine akute Schallleitungsschwerhörigkeit kann durch folgende Umstände geschehen: 

  • Vermehrte Bildung von Ohrenschmalz oder das „nach hinten Schieben” bei der Reinigung
  • Wasser, das beim Baden oder Schwimmen ins Ohr gelangt ist
  • Verletzungen des Trommelfells (Explosionen, Ohrfeigen, Gegenstände wie Wattestäbchen)
  • Verschluss der Ohrtrompete, der Röhre, die das Mittelohr mit dem Nasenrachenraum verbindet
  • Flüssigkeit im Mittelohr, etwa bei Schnupfen oder Luftdruckveränderungen (Fliegen, Tauchen)
  • Mittelohrentzündung

Eine chronische Schallleitungsschwerhörigkeit kann durch folgende Umstände geschehen:

  • Chronische Mittelohrentzündung
  • Tubenventilationsstörung
  • Vermehrtes Knochenwachstum im Mittelohr (Otosklerose)
  • Einengungen durch Narben, Entzündungen, Geschwülste
  • Angeborene Fehlbildungen des Ohres

Schallempfindungsstörung

Der Schallempfindungsstörung liegt eine Schädigung oder eine unzureichende Funktion der Hörschnecke sowie des Hörnervs oder des Gehirns zugrunde.

Eine akute Schallempfindungsstörung kann durch folgende Ursachen ausgelöst werden:

  • Hörsturz
  • Starker Lärm (Silvesterknaller, Schüsse, Explosionen, Musikkonzerte)
  • Infektionen (Mumps, Masern, Scharlach, Typhus, AIDS, Gürtelrose)
  • Kopfverletzungen
  • Erkrankungen wie Morbus Menière, Nierenfunktionsstörungen, Gefäßveränderungen, Erkrankungen der Halswirbelsäule, Multiple Sklerose
  • Extreme Stresssituationen

Eine chronische Schallempfindungsstörung kann durch folgende Ursachen ausgelöst werden:

  • Alterungsprozesse („Altersschwerhörigkeit”)
  • Jahrelange Lärmeinwirkung (Industrie, Bau, Diskotheken)
  • Angeborene Fehlbildungen des Ohres
  • Erkrankungen wie Nieren- und Schilddrüsenfunktionsstörungen, Diabetes, Gefäßveränderungen, Immun- und Autoimmunerkrankungen
  • Akustikusneurinom (gutartiger Tumor)
  • Morbus Menière (Erkrankung des Innenohrs)

Welche Grade der Schwerhörigkeit und Taubheit gibt es?

Aus medizinischer Sicht gibt es mehrere Abstufungen von Schwerhörigkeit und Taubheit. Der Hörverlust wird mittels eines Audiogramms in verschiedenen Tonfrequenzen ermittelt.

Die Abstufungen von Hörbehinderung werden wie folgt unterteilt:

  • Schwerhörigkeit: Ist ein mittlerer Hörverlust bei etwa 50 Dezibel. Leichte Schwerhörigkeit liegt bei 20 – 40 Dezibel Hörverlust, hochgradige Schwerhörigkeit bei 60 – 80 Dezibel Hörverlust.
  • Resthörigkeit: Definiert sich über einen Hörverlust ab etwa 90 Dezibel. Darunter wird auch „an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit” verstanden.
  • Gehörlos: Taub ist man, wenn der Hörverlust mehr als 120 Dezibel beträgt.

Beidpiel

Das Ticken einer Armbanduhr beträgt etwa 20 Dezibel. Ein normal starkes Gespräch liegt bei 55 Dezibel, Verkehrslärm bei etwa 75 Dezibel.

Schwerhörigkeit kann akut oder chronisch auftreten. In den meisten Fällen ist eine akute Schwerhörigkeit nur von kurzer Dauer und heilt wieder von selbst. In anderen Fällen muss diese wie bei chronischen Hörschaden einer Behandlung unterzogen werden. Ob und wie gut sich eine Schwerhörigkeit therapieren lässt, ist unterschiedlich.

Je nachdem, welche Lautstärke und Tonhöhe ein Betroffener nicht mehr hört, unterscheiden Ärzte verschiedene Grade der Hörbehinderung oder Gehörlosigkeit.

Diese Grade werden bei Schwerhörigkeit und Taubheit unterschieden: 

  • Geringgradige Schwerhörigkeit: Zum Beispiel hört der Betroffene nicht mehr das Ticken einer Armbanduhr (Hörverlust von 20 – 40 Dezibel).
  • Mittelgradige Schwerhörigkeit: Der Erkrankte nimmt keine Umgebungsgeräusche mehr wahr, zum Beispiel Vogelgezwitscher (Hörverlust von 41 – 60 Dezibel).
  • Hochgradige Schwerhörigkeit: Betroffene hört Gespräche nicht mehr (Hörverlust von 61 – 80 Dezibel).
  • Resthörigkeit oder Taubheit: Der Erkrankte hört auch sehr laute Geräusche nicht mehr, wie etwa laute Tanzmusik (Hörverlust über 81 Dezibel).

Weicht die Hörfähigkeit um maximal 20 Dezibel ab, liegt keine Schwerhörigkeit vor.

Was ist der Unterschied zwischen Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit?

Wer schwerhörig ist, nimmt Sprache und Geräusche nur eingeschränkt wahr. Sollte das Hörvermögen kaum oder gar nicht mehr vorhanden sein, spricht man von „Gehörlosigkeit”. Die Betroffenen hören dann noch einzelne Geräusche, aber keine Zusammenhänge der Sprache mehr wahrnehmen.

  • Unter Schwerhörigkeit versteht man eine beeinträchtigte Hörwahrnehmung.
  • Unter Gehörlosigkeit versteht man den kompletten Verlust der Hörwahrnehmung.

Der Unterschied lässt sich objektiv mit einem Hörtest (Tonschwellenaudiometrie) feststellen. Dabei wird der Hörverlust im sogenannten Hauptsprachbereich festgestellt. Als Hauptsprachbereich bezeichnet man jenen Frequenzbereich, in dem primär die menschliche Sprache stattfindet.

Was sind die Ursachen und Risikofaktoren von Gehörlosigkeit?

Schätzungsweise haben rund 15 % der Gehörlosen ihre Gehörlosigkeit geerbt. In den meisten Fällen ist die Gehörlosigkeit aber erworben.

Vor der Geburt kann der Fötus aufgrund einer Viruserkrankung der Mutter (Röteln, Toxoplasmose) oder durch Medikamente geschädigt worden sein. Während der Geburt können Sauerstoffmangel oder mechanische Geburtstraumen eine Hörbehinderung verursachen.

Ursachen für einen Hörverlust im Kindesalter sind meist:

  • Gehirnhautentzündungen
  • Schädelbrüche
  • Virusinfektionen wie Mumps oder Masern
  • Chronische Mittelohrentzündungen
  • Bestimmte Medikamente

In vielen Fällen bleibt jedoch die Ursache trotz des medizinischen Fortschritts unbekannt.

Ursachen für eine Hörbehinderung können sein:

  • Lärmschwerhörigkeit
  • Altersschwerhörigkeit
  • Angeborene Hörschädigung
  • Sauerstoffmangel bei der Geburt
  • Meningitis
  • Hörsturz
  • Otosklerose
  • Verletzungen

Ist eine Hörbehinderung vererbbar?

Die angeborene Taubheit ist vererbbar oder kann ihre Ursachen in schädigenden Einflüssen während der Schwangerschaft haben. Der Konsum von Alkohol oder Nikotin während der Schwangerschaft kann eine Gehörlosigkeit oder Taubheit beim Ungeborenen hervorrufen.

Angeborene Gehörlosigkeit

Hörstörungen oder Gehörlosigkeit können innerhalb einer Familie gehäuft vorkommen. Auslöser der genetisch bedingten Taubheit sind Fehlbildungen des Innenohres oder des Gehirns.

Außerdem können auch Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft, wie beispielsweise Röteln, die Entwicklung des Gehörs beim ungeborenen Kind stören. Somit wird das Hörempfinden beeinträchtigt oder führt sogar zur Taubheit.

Zusätzlich erhöhen bestimmte Medikamente, aber auch Drogen während der Schwangerschaft das Risiko für eine Hörschädigung beim Kind.

Bekannte Beispiele für gehörschädigende Arzneistoffe sind:

  • Thalidomid
  • Antibiotika aus der Gruppe der Aminoglykoside
  • Makrolide
  • Glykopeptide.

Sauerstoffmangel und Hirnblutungen während der Geburt können ebenfalls zur Taubheit führen. So haben frühgeborene Kinder, die aufgrund einer unzureichenden Lungenreife kurz nach der Geburt an Sauerstoffmangel leiden, ein erhöhtes Risiko für eine Hörstörung. Dies betrifft auch Neugeborene, die mehr als zwei Tage im Brutkasten waren.

Erworbene Gehörlosigkeit

Die häufigste Ursache für eine erworbene Gehörlosigkeit ist eine schwere oder längere Infektion des Ohres. Diese kann sowohl das Mittelohr (Schallleitung) als auch das Innenohr (Schallempfindung) schwer schädigen.

Auch Infektionen der Hirnhäute oder des Gehirns können Schädigungen des Gehörs mit sich bringen. Eine durch Meningitis verursachte Verletzung des Ohres kann zu einer Verknöcherung der Hörschnecke führen.

Bei einer Enzephalitis werden Nervenbahnen im Gehirn, die für die Weitergabe der akustischen Informationen aus dem Innenohr verantwortlich sind, geschädigt. Ebenso kann die Empfangsstelle für diese Informationen im Gehirn (Hörrinde) durch eine Enzephalitis beeinträchtigt werden und damit eine Taubheit verursachen.

Was sind Symptome und erste Anzeichen von Gehörlosigkeit?

Bei Schwerhörigkeit unterscheiden sich die Symptome je nach Ursache stark in Ausmaß und Art. Schwerhörigkeit äußert sich jedoch immer darin, dass Betroffene Töne und Geräusche nur noch in abgeschwächter Form wahrnehmen.

Erste Anzeichen für Hörprobleme sind:

  • Überhören von Naturgeräuschen
  • Überhören von Haushaltsgeräuschen
  • Überhören von Telefon oder Klingel
  • Verstärktes Gefühl, dass der Gesprächspartner nuschelt
  • Schlechtes Sprachverstehen bei Geräuschkulisse
  • Menschen rund um den Betroffenen beschweren sich über zu laute Audiogeräte

Je nach Grad der Schwerhörigkeit fallen etwa Gespräche immer schwerer. Meist drehen Betroffene die Lautstärke von Audiogeräten hoch, ohne dass ihnen ihr Problem bewusst ist. Durch eine starke, nicht ausgeglichene Schwerhörigkeit kann das soziale Leben beeinträchtigt sein. Depressive Verstimmungen sind dann als weitere Symptome und Folge der Hörprobleme möglich.

Neben einer Schwerhörigkeit können zusätzlich noch weitere, unterschiedliche Symptome vorkommen. In einigen Fällen bemerken Betroffene mit zunehmendem Hörverlust oder nach einem Hörsturz Ohrgeräusche (Tinnitus). Da das Innenohr auch das Gleichgewichtsorgan enthält, kann es bei Veränderungen des Innenohrs zu Schwindelanfällen kommen.

Info

Schwerhörigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass bestimmte Frequenzen und Lautstärken weniger oder überhaupt nicht mehr gehört werden. Begleitende Symptome hängen sehr stark von der eigentlichen Ursache und dem Ausmaß der Erkrankung ab.

So führen beispielsweise krankhafte Veränderungen im Innenohr oft gleichzeitig zu einem Tinnitus, Schwindelanfällen und Gleichgewichtsstörungen, da sich das Gleichgewichtsorgan ebenfalls im Innenohr befindet.

Schwerhörige Menschen sind schneller erschöpft, weil der Hörprozess mit höherem Kraftaufwand und mehr Konzentration verbunden ist.

Hinweis

Bei ersten Anzeichen sollten Betroffene ihr Gehör von einem HNO-Arzt überprüfen lassen.

Schweregrade von Gehörlosigkeit

Je nach Beschwerden und Ursache, werden unterschiedlichste Grade der Gehörlosigkeit unterschieden.

Es werden folgende Grade einer Höreinschränkung unterschieden:

  • Leichtgradig schwerhörig: Hörverlust von 20 – 40 Dezibel, Lärm stört das Sprachverständnis, Flüstern oder leise Geräusche werden kaum oder gar nicht wahrgenommen.
  • Mittelgradig schwerhörig: Hörverlust von 40 – 60 Dezibel, Schwierigkeiten, Gesprächen zu folgen.
  • Hochgradig schwerhörig: Hörverlust von 60 – 80 Dezibel. Es wird ein Hörbehelf benötigt, um Gesprächen zu folgen, nur laute Geräusche werden gehört.
  • An Taubheit grenzend schwerhörig: Hörverlust von 80 – 95 Dezibel. Nur sehr laute Geräusche werden wahrgenommen.
  • Gehörlosigkeit: Hörverlust ist größer als 90 Dezibel.

Eine komplette Informationsvermittlung ist gerade für hochgradig schwerhörige Menschen oft nur durch Gebärdensprache möglich, da beim bloßen „Lippenlesen” sehr viele Informationen verloren gehen.

Wie wird Gehörlosigkeit diagnostiziert?

Die Diagnose einer Schwerhörigkeit stellt der HNO-Arzt. Hierfür sind verschiedene Tests notwendig. Vorerst jedoch befragt der Arzt den Patienten nach Symptomen und Vorerkrankungen (Anamnese). Dabei möchte der Arzt wissen, seit wann die Schwerhörigkeit erstmals aufgefallen ist und ob noch weitere Beschwerden bestehen.

Bevor der HNO-Arzt die Hörfähigkeit mit einem Hörtest genauer feststellt, nimmt er eine körperliche Untersuchung vor. Dazu gehören verschiedene Tests, wie etwa die Stimmgabelprüfung. Dieser Versuch kann nach einer festgestellten Schwerhörigkeit Aufschluss über die Art der Hörminderung geben. Mithilfe einer Ohrenspiegelung (Otoskopie) kann der Arzt mögliche Veränderungen im Ohr erkennen.

Bei einer Schwerhörigkeit führt der Arzt zur genauen Diagnose verschiedene Hörtests durch. Sie helfen ihm, die Hörfähigkeit für die einzelnen Tonhöhen (Frequenzen) festzustellen. Dabei ermittelt der Arzt die Töne, die der Erkrankte noch hören kann.

Bei einer Schwerhörigkeit Diagnose kommen meist noch weitere Tests in Frage, etwa die Tympanometrie und die Stapedius-Reflexmessung. Hierbei misst der Arzt die Funktion des Trommelfells. Auch die Messung der sogenannten otoakustischen Emissionen ist aufschlussreich, um der Ursache einer Schwerhörigkeit auf den Grund zu gehen.

Diagnose bei Schwerhörigkeit:

  • Anamnese durch HNO-Arzt
  • Körperliche Untersuchung
  • Hörtests: Otoskopie (Ohrenspiegelung), Stimmgabelprüfung, Tympanometrie, Stapedius Reflexmessung

Wie wird Gehörlosigkeit behandelt?

Bei einer Schwerhörigkeit hängt die Therapie von den Ursachen ab. Je nach Ursache ist eine spezielle Behandlung notwendig. Diese kann bei der Schwerhörigkeit von medikamentösen oder operativen Maßnahmen bis hin zur Anpassung eines Hörgeräts gehen.

Hörgeräte lassen sich hinter dem Ohr oder direkt im Ohr tragen. Ein Hörgeräteakustiker berät über die einzelnen Möglichkeiten und passt das Hörgerät an.

Hinweis

Eine psychotherapeutische Behandlung ist bei Schwerhörigkeit sinnvoll, wenn die Hörminderung durch Stress verursacht wurde oder der Betroffene durch die Einschränkungen unter depressiver Verstimmung leidet.

Hörgeräte bei Hörminderung

Manche Gehörlose tragen Hörgeräte, um das geringe Resthörvermögen weitergehend zu nutzen. Fast immer können dann starke Geräusche, wie etwa Autohupen oder Rufe, wahrgenommen werden.

Ein Sprachverständnis oder genaueres Hören ist jedoch kaum gegeben. Mittels Hörgerät kann also kein gewohntes Hören oder gar Sprachverständnis erwartet werden. Eine Anpassung des Hörgerätes erfolgt durch Hörgeräteakustiker.

Cochlea-Implantate bei Gehörlosigkeit

Sogenannte Cochlea-Implantate sind ein- oder beidseitig implantierte Elektroden, die außen am Kopf mit Sender und Empfänger verbunden sind. Diese übertragen einen Teil der Geräusche. Diese können vom Träger in unterschiedlichem Maße umgesetzt und verstanden werden, insbesondere bei Spät-Gehörlosen sind meist gute Erfolge zu erzielen.

Früh-Gehörgeschädigte können meist nur einen Teil der Geräusche und Sprache erkennen und verstehen. Meist bleiben die Träger trotzdem stark schwerhörig oder gehörlos.

Insofern kann damit kein umfassendes Hörvermögen und Sprachverständnis, wie gesunde Hörende es kennen, erzielt werden. Folglich bleibt die kommunikative Orientierung der Implantierten öfters unsicher.

Wie sieht der Alltag mit Gehörlosigkeit aus?

Wenn Hörende die Gebärdensprache nicht beherrschen, erfordert die Kommunikation, dass Gehörlose das Gesprochene vom Mund des Kommunikationspartners absehen müssen.

Das Lippenlesen ist für den Betroffenen anstrengend und führt häufig zu Missverständnisse in der Kommunikation. Denn rund 30 % des Gesprochenen kann man unter optimalen Bedingungen auf dem Mund wahrnehmen und richtig verstehen. Die restlichen 70 % müssen mehr oder minder erraten werden. Um Missverständnissen entgegen zu wirken, kann einiges im Vorfeld beachtet werden.

Umgang mit Gehörlosen im Alltag

Hörende können sich an folgenden Regeln orientieren:

  • Gehörlose sollte man beim Sprechen ansehen und Blickkontakt halten.
  • Man sollte darauf achten, dass genug Licht auf das Gesicht fällt und der Mund nicht verdeckt ist.
  • Langsam und deutlich sprechen, jedoch nicht lauter als üblich. Zu lautes Sprechen verzerrt die Gesichtszüge und erschwert das Absehen.
  • Deutliche Mimik und Gestik benutzen, sowie natürliche Gebärden.
  • Kurze, klare Sätze verwenden.
  • Möglichst Hochdeutsch sprechen, denn das Absehen von Dialekten ist noch schwieriger.
  • Möchte man den Gehörlosen ansprechen, kann man seine Aufmerksamkeit durch Winkbewegungen der Hand auf sich ziehen. Man soll sich dabei nicht scheuen, den Gehörlosen leicht an der Schulter oder am Arm zu berühren, oder das Licht ein- und auszuschalten. Gehörlose sprechen sich auf diese Weise an und werden das nicht seltsam finden.
  • Die Gebärdensprache zu lernen kann helfen, mit dem Betroffenen noch besser und effektiver kommunizieren zu können.
Gehörlosigkeit Kommunikation

Umgang mit hörbehinderten Menschen im Verlauf der Geschichte

Jahrhundertelang hatten Gehörlose in der Gesellschaft eine äußerst schwere Position. Da sie sich kaum mit anderen Menschen verständigen konnten, galten sie als geistig beeinträchtigt. Das änderte sich, als der Pariser Geistliche Abbé Charles Michel de L’Epée in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die erste Gehörlosenschule ins Leben rief. Er gilt bis heute als geistiger Vater der Gebärdensprache.

In Deutschland gründete Samuel Heinicke etwa zur gleichen Zeit in Leipzig das „Chursächsische Institut für Stumme und andere mit Sprachgebrechen behaftete Personen”. Dort lernten Gehörlose das Sprechen und Lippenlesen, jedoch keine Gebärdensprache.

Übrigens

Bis heute wird der gebärdensprachliche Ansatz auch als „französische Methode” und der lautsprachliche auch als „deutsche Methode” bezeichnet. Anhänger der beiden Sprachen sind sich noch immer nicht einig, welches Verfahren optimal ist, um Gehörlosen das Leben zu erleichtern.

Während die Gebärdensprache in Deutschland um 1980 an vielen Gehörgeschädigtenschulen verpönt war, ist sie mittlerweile heute weitgehend anerkannt. Viele Eltern gehörloser Kinder entscheiden sich dafür, ihre Kinder „zweisprachig” zu erziehen. Sie sorgen also dafür, dass die Kinder sowohl Gebärden als auch Sprechen oder Lippenlesen lernen.

Die Unterhaltung unter gebärdenden Gehörlosen stellt kein Problem dar. Die Kommunikation mit Hörenden ist jedoch für beide Seiten meist sehr anstrengend. Obwohl einige Gehörlose verständlich sprechen können, ist es für die meisten schwierig, Hörende in jeder Situation zu verstehen.

Selbst wenn Gehörlose gut von den Lippen lesen können, müssen sie sich den Großteil des Gesprochenen „zusammenreimen”. Menschen mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung können viele, auch höherqualifizierte Berufe ausüben und am sozialen Leben teilnehmen.

Gebärdensprache

Tritt eine Einschränkung des Gehörs im Verlauf des Erwachsenenalters auf, bleibt die lautsprachliche Ausdrucksfähigkeit oft erhalten. Im Optimalfall werden gehörlose und schwerhörige Kinder bilingual geschult. Dies ist jedoch nicht an jeder Schule möglich. Es gibt bereits eigene Schulen und Einrichtungen für gehörlose und schwerhörige Kinder und Jugendliche.

Man unterscheidet zwei Hauptgruppen von Menschen mit Hörbehinderung:

  • Gebärdensprachorientierte hörbehinderte Menschen: Kommunikation über Gebärdensprache, meist bei hochgradig schwerhörigen und gehörlosen Menschen.
  • Lautsprachorientierte hörbehinderte Menschen: Kommunikation über gesprochene Sprache, meist bei Schwerhörigen oder Spät-Gehörgeschädigten.

Visuelle Hilfen wie Lippenlesen, Schreiben oder Gesten können die Kommunikation erleichtern, übermitteln jedoch nur einen geringen Teil der Botschaft.

Die Gebärdensprache ist eine visuell-gestische Sprache mit eigener Struktur und Grammatik.

Gebärdensprache Fingeralphabet

Wie wird Gehörlosigkeit in Deutschland gefördert?

Die Frühförderung durch gehörlose oder schwerhörige Erwachsene ist eine neue Entwicklung in Deutschland. Ein Modell, welches dies bereits praktiziert, ist die Initiative „GIB ZEIT”.

„GIB ZEIT” bietet Familien mit einem gehörlosen oder schwerhörigen Kind die Möglichkeit einer Begegnung mit gehörlosen oder schwerhörigen Erwachsenen. Auf Wunsch der Familie kommt eine gehörlose Mitarbeiterin von „GIB ZEIT” regelmäßig nach Hause, um an einer gemeinsamen Verständigung mit Hilfe von Gebärdensprache zu arbeiten.

Auf diese Weise können gehörlose Kinder aus hörenden Familien zusammen mit ihrer Familie Gebärdensprache lernen. Gemeinsam wächst der Wortschatz und die Fähigkeit zur Verständigung.

Diese Situationen können sich dank der Gebärdensprache verbessern: 

  • Wenn hörende Eltern gehörloser Kinder Gebärdensprache lernen, geben sie ihrem gehörlosen Kind die Möglichkeit, eine Muttersprache zu erlernen und eine unbeschwertere Kindheit zu erleben.
  • Wenn ein Kind nicht verstanden wird und sich nicht verständlich machen kann, entstehen Aggressionen. Durch eine funktionierende Kommunikation wird Aggression abgebaut.
  • Das gehörlose Kind kann direkten Kontakt zu gehörlosen Erwachsenen bekommen. Die gehörlosen Kinder sehen dadurch, dass gehörlose Erwachsene einen Beruf haben und ein normales, unbeschwertes Leben führen können.
  • Das Allgemeinwissen wird durch die Kommunikation mit gehörlosen Erwachsenen besser.
  • Gebärdensprache ist für eine unbeschwerte Kommunikation innerhalb der Familie nötig.

Fazit

Bei Schwerhörigkeit kann der Verlauf sehr unterschiedlich sein. Er ist von der auslösenden Ursache abhängig. Bei Anzeichen von Schwerhörigkeit oder anderen Hörproblemen ist es wichtig, einen HNO-Arzt aufzusuchen.

Vor allem bei Kindern ist es von großer Bedeutung, angeborene sowie erworbene Hörfehler so früh wie möglich zu beheben, da sich durch die Schwerhörigkeit sonst Sprachschwierigkeiten entwickeln können.

Hinweis

Damit eine Schwerhörigkeit nicht dauerhaft bestehen bleibt, sollte man bei einer Veränderung der Hörwahrnehmung immer den Arzt konsultieren. Ein plötzlicher Hörverlust gilt immer als ein Notfall und muss umgehend ärztlich abgeklärt werden.

Außerdem ist es zur Vorbeugung von Schwerhörigkeit wichtig, die Ohren nicht dauerhaft übermäßigem Lärm auszusetzen. Das gilt sowohl im Arbeitsbereich als auch in der Freizeit. Am Arbeitsplatz sorgen gesetzliche Bestimmungen für ausreichenden Hörschutz.

Doch auch Freizeitlärm kann das Gehör schädigen und zu Schwerhörigkeit führen. Oft erreicht Musik in Diskotheken oder auf Konzerten gesundheitsschädliche Lautstärken. Deshalb ist es auch im Freizeitbereich sinnvoll, bei Lärm auf einen Gehörschutz zu achten. Ohrstöpsel lassen sich bei Lärmbelastung ins Ohr setzen. Damit lässt sich eine Schädigung des Gehörs vorbeugen.