Nahrungsmittelunverträglichkeit: Lassen Sie sich testen!

Lebensmittelunverträglichkeit
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Inhaltsverzeichnis

Bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit (auch Lebensmittelunverträglichkeit) reagiert der Körper auf bestimmte Bestandteile in der Nahrung mit unterschiedlichen Symptomen. Ein Betroffener kann nach dem Verzehr eines bestimmten Nahrungsmittels beispielsweise ein starkes Völlegefühl verspüren, aber auch mit Durchfall oder Hautausschlägen reagieren.

Oft können Patienten, die an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leiden, das Getreideeiweiß Gluten, den Fruchtzucker Fruktose, den Milchzucker Laktose oder das Hormon Histamin nicht richtig verdauen. Die Intoleranzen haben unterschiedliche Ursachen und äußern sich durch verschiedene Symptome.

Glutenunverträglichkeit

Gluten steckt in vielen Getreidearten, vor allem in Weizen. Aber auch Roggen, Dinkel, Gerste, Emmer, Grünkern und Hafer enthalten Gluten. Es handelt sich um ein Eiweiß, das im wahrsten Sinne des Wortes „klebt“. Deswegen lieben Bäcker diesen Weizen. Die Nahrungsmittelindustrie setzt Gluten gerne als Bindungs- oder Lockerungsmittel ein.

Eine Glutenunverträglichkeit ist gleichbedeutend mit der Autoimmunkrankheit Zöliakie (Sprue). In diesem Fall zeigt der Dünndarm mikroskopische Veränderungen seiner Schleimhaut. Daneben können Sie auch eine Glutensensitivität haben. Dann fehlen Ihnen die Antikörper gegen Gluten. Die Diagnose einer Glutensensitivität kann somit nur als Ausschlussdiagnose gestellt werden.

Klassische Symptome

Mangelerscheinungen (Eisen, Zink, Folsäure, Kalzium oder Vitamin D), erhöhte Leberwerte, neurologische Probleme, Depressionen, Migräne, Entzündungen der Mundschleimhaut, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Blähungen und Müdigkeit

Möglichkeiten der Diagnose

  • Nachweis von Antikörpern gegen Gluten

Tipps für Diabetiker

Es gibt keine Heilung bei einer Zöliakie. Doch wenn Sie sich für den Rest Ihres Lebens glutenfrei ernähren, regeneriert sich die Darmschleimhaut und dann verschwinden auch die Symptome.

Laktoseintoleranz

Laktose ist Milchzucker und besteht aus Galaktose und Glukose. Die Lebensmittelindustrie benutzt ihn gerne, um Produkten ein größeres Volumen und Gewicht zu geben. Zudem verstärkt Laktose den Geschmack und lässt Nahrungsmittel knusprig braun werden. Deswegen finden Sie Milchzucker auch in industriell hergestellten Pommes frites.

Für den Abbau der Laktose ist das Enzym Laktase zuständig. Es gibt drei unterschiedliche Arten einer Laktoseintoleranz. Im Alter lässt die Verträglichkeit für Laktose generell nach (primäre Laktoseintoleranz). Wenn der Laktasemangel angeboren ist, sprechen Ärzte von einer Alactasie. Wenn andere Krankheiten (z. B. Sprue oder Dünndarmerkrankungen) zu einer Milchzuckerunverträglichkeit führen, ist das eine sekundäre Laktoseintoleranz.

Klassische Symptome

Akne, Hautprobleme, Unruhe, Gliederschmerzen, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Depressionen, Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden, Müdigkeit, Schlafstörungen, Durchfall, Verstopfung, Völlegefühl, Blähungen, Bauchschmerzen und Übelkeit

Möglichkeiten der Diagnose

  • Wasserstoff-Atemtest: Laktoseintoleranz führt zu mehr Wasserstoff im Atem. Der Test dauert drei Stunden.
  • Gentest: relativ neues Verfahren, leider sehr teuer; wird selten angeboten

Tipps für Diabetiker

  • Versuchen Sie, zwei Monate lang ohne Milchprodukte zu leben. Der Schuss Milch im Frühstückskaffee ist hiervon ausdrücklich ausgenommen. Wenn es Ihnen nach diesen zwei Monaten gesundheitlich besser geht, haben Sie zumindest eine leichte Form von Laktoseintoleranz.
  • Diese Form der Unverträglichkeit ist gar nicht so selten und wird im Alter häufiger. Sie können künstliche Laktase als Medikament einnehmen (z. B. Avitale Lactase 3500 FCC).
  • Essen Sie viel Grünkohl, Spinat, Brokkoli und Kartoffeln, damit Sie ohne Milch keinen Kalziummangel erleiden. Meist werden Joghurt, Buttermilch, Quark, Kefir, Butter und gereifter Käse in kleinen Mengen vertragen. Laktosefreie sowie Soja- und Kokosmilch sind Alternativen.

Histaminunverträglichkeit

Histamin steckt in fast allen lebenden Organismen. Es ist ein ganz wichtiges Hormon und ein Botenstoff für unsere Zellen. Bei einer Allergie wird Histamin schlagartig freigesetzt. Das Hormon wird im menschlichen Körper durch das Enzym Diaminoxidase (DAO) abgebaut. Menschen mit einer Histaminintoleranz haben zu wenig oder gar kein DAO im Körper.

Klassische Symptome

Augenjucken, Niesen, Kreislaufprobleme, Schwindel, Herzrasen, Kopfschmerzen, Migräne, Schwellungen, Quaddeln, Juckreiz, Ausschlag, Hautrötungen, aber auch Übelkeit, Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall

Möglichkeiten der Diagnose

Sehr schwer zu diagnostizieren, nicht im Blut- oder Hauttest nachzuweisen. Eine längerfristige histaminarme Diät mit einer anschließenden Provokation gibt Hinweise.

Tipps für Diabetiker

Sie können Histamin nicht vollständig aus dem Weg gehen. Verzichten Sie auf Rotwein und lange gereiften Hartkäse (z. B. Emmentaler). Gleiches gilt für Schokolade, Tomaten, Wurst, Fischkonserven, Erdbeeren, Soja und Sauerkraut.

Fruktoseintoleranz

Fruktose ist Fruchtzucker. Natürlicherweise kommt er in Obst, Gemüse und Honig vor. Die Industrie liebt Fruktose, besonders die isolierte Fruktose. Zu viel Fruktose schädigt Ihre Leber und hebt Ihren Blutzuckerpegel. Ganz selten kommt die echte (heriditäre) Fruktoseintoleranz vor (Häufigkeit 1:20.000). Dann fehlt ein spezielles Enzym in der Leber. Sehr viel häufiger beruht eine Fruktoseintoleranz auf einer schlechten Aufnahme der Fruktose über das Verdauungssystem.

Klassische Symptome

Übelkeit, Blähungen, Bauchkrämpfe, Bauchschmerzen, Durchfall oder zu weicher Stuhl; daneben kann es zu Müdigkeit, Kopfschmerzen und Depressionen kommen.

Möglichkeiten der Diagnose

Ihr Arzt führt den Wasserstoff-Fruktose-Atemtest oder sogar einen Gentest durch. Sie selbst könnten einen Provokations-Test „wagen“: Trinken Sie morgens auf nüchternen Magen lediglich ein Glas Apfelsaft. Bekommen Sie bis zum Mittagessen massive Verdauungsprobleme, haben Sie eine Fruktoseintoleranz.

Tipps für Diabetiker

Verzichten Sie unbedingt auf isolierte Fruktose in industriell hergestellter Nahrung. Ein paar Gramm Obst am Tag vertragen fast alle Patienten. Als Diabetiker dürfen Sie keinen Traubenzucker zum Obst geben, um die Fruktose verträglicher zu machen. Meiden Sie Sorbit, Mannit, Isomalt und Xylit. Tabletten mit dem Enzym Glukose-Isomerase (z. B. Fructaid) können helfen. Sie müssen dann die Fruktose wie Glukose berechnen.

So vertragen Sie Fruchtzucker gleich viel besser

  • Meiden Sie fruchtzuckerreiches Obst, deren Säfte und Trockenobst (Rosinen im Müsli) und besonders industriell zugesetzten Fruchtzucker.
  • Führen Sie dazu ein Ernährungstagebuch. Schreiben Sie einfach auf, was Sie zu welcher Zeit gegessen haben und wann sich die Beschwerden bei Ihnen gemeldet haben. So kommen Sie den Übeltätern auf die Spur.
  • Kleinere Mengen Fruchtzucker über den Tag verteilt vertragen Sie viel besser als eine üppige Portion Obst.
  • Essen Sie Obst nicht auf nüchternen Magen.
  • Durch den gleichzeitigen Verzehr von Eiweiß und Fett vertragen Sie Fruchtzucker besser. Das führt zu einer langsameren Entleerung Ihres Magens. So hat Ihr Transportssystem dann mehr Zeit für seine Arbeit und kann mehr Fruchtzucker in Ihr Blut bringen. Essen Sie Obst also lieber in einer Quarkspeise oder einem Joghurt als pur.
  • Mischen Sie Ihr Müsli selbst. Produkte aus dem Handel enthalten oft größere Mengen an Trockenobst, das reich an Fruchtzucker ist.
  • Meiden Sie Sorbit. Der Zuckeralkohol nutzt in Ihrem Dünndarm das gleiche Transportsystem wie Fruktose. Dadurch blockiert er bei Ihnen den Abtransport von Fruktose in das Blut und kann so Ihre Beschwerden verstärken. Sorbit ist in einigen Früchten enthalten, insbesondere in Birnen, Kirschen und Pflaumen und besonders konzentriert in deren Saft und Trockenobst. Er ist aber auch in der Lebensmittelindustrie als Zuckeraustauschstoff (E 420) sehr beliebt. Zuckerreduzierte Süßigkeiten, Kaugummis, Getränke oder Light-Produkte sind oft reich an Sorbit.

Verzichten Sie aber nicht auf Obst, das Ihren Körper mit vielen lebenswichtigen Vitalstoffen versorgt. Die Mengen, in denen Fruchtzucker Ihrem Körper schadet, schafft nur die Industrie. Verzichten Sie aber auf stark gesüßte Getränke.

Hinter diesen Begriffen versteckt die Industrie Fruktose

Gerade die beliebten Apfelsaftschorlen oder Smoothies enthalten oft viel Fruktose. Achten Sie bei allen industriell verarbeiteten Lebensmitteln immer genau auf die Zutatenliste. Fruchtzucker erkennen Sie auf der Zutatenliste von industriell verarbeiteten Lebensmitteln jedoch nicht immer auf den ersten Blick. Die Industrie hat natürlich bemerkt, dass das Image von Fruchtzucker gerade ins Wanken gerät und versteckt ihn gerne hinter diesen Begriffen:

  • Maissirup (high fructose corn syrup)
  • Fruktose-Glukose-Sirup bzw. Glukose-Fruktose-Sirup
  • Stärkesirup
  • Honig, Kunsthonig
  • Invertzucker (-sirup)
  • Dicksäfte, Apfelkraut, Birnenkraut
  • Fruktooligosaccharid

Allergien vs. Intoleranzen: Verwechslungsgefahr!

Mediziner unterscheiden bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit zwei Typen: Allergien und Intoleranzen. Bei einer Allergie reagiert die körpereigene Immunabwehr auf Bestandteile in der Nahrung, die eigentlich harmlos sind und für den Körper keine direkte Gefahr darstellen. Intoleranzen sind jedoch kritisch: Dabei kann der Körper bestimmte Stoffe entweder nicht oder nur in geringen Mengen verarbeiten. So lange diese Stoffe eine bestimmte Konzentration nicht überschreiten, treten keine Beschwerden auf. Überschreitet diese Stoffmenge die Toleranzschwelle, ist der Körper mit der Verarbeitung des Stoffes überfordert. Dann können sich die beschriebenen Symptome einstellen.

Wegen der Vielzahl an Symptomen kann die Diagnose einer Nahrungsmittelunverträglichkeit schwierig sein. Oft werden Nahrungsmittelintoleranzen mit Allergien verwechselt. Bei einem Verdacht auf eine Intoleranz gegenüber Gluten, Fruktose, Laktose und Histamin ist der Gang zum Arzt empfehlenswert. Nur ein Mediziner kann andere Ursachen konkret ausschließen. Die Therapiemöglichkeiten bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit sind überschaubar. Ärzte und Ernährungsexperten legen Patienten nahe, die problematischen Lebensmittel zu meiden und die Ernährung umzustellen.

Verzicht ist keine gute Lösung

Angesichts einer Nahrungsmittelunverträglichkeit auf Lebensmittel zu verzichten, die reich an schwer verdaulichen Mehrfachzuckern sind, scheint die einfachste Lösung zu sein. Aber das ist im Alltag weder einfach, noch gesund. Gerade eine Kost, die viel Obst und Gemüse enthält, gehört zu einer Lebensweise, die dazu beiträgt, chronischen Erkrankungen vorzubeugen: So etwa Herzgefäß-Krankheiten, Diabetes, Osteoporose, krankhaftem Übergewicht und möglicherweise auch Krebserkrankungen.

Selbstverständlich können es Betroffene mit einer Wärmflasche versuchen – getreu dem bekannten Motto „Wärme auf den Bauch gebracht, hat die Sache wieder gut gemacht“. Aber auch dies ist im Alltag nur eingeschränkt realisierbar. Zumindest zeitweise sollten Betroffene auf zu grobe Vollkornprodukte verzichten. Dazu gehören blähende Lebensmittel wie Kohlgemüse, Zwiebelgewächse und Hülsenfrüchte. Wichtig sei zudem, langsam zu essen, gründlich zu kauen, fünf bis sechs kleine statt drei große Mahlzeiten zu sich zu nehmen und ausreichend zu trinken.

Studien zeigen Nutzen von Enzympräparaten

Der Gedanke, die Verdauungsenzyme, etwa die Alpha-Galactosidase zu ersetzen, ist naheliegend. Dass eine solche Enzymtherapie gegen die Symptome hilft, ist wissenschaftlich untersucht worden. US-amerikanische Forscher der Universität von Kalifornien in San Diego haben in einer Studie herausgefunden, wie Betroffene der Bildung von Magen-Darm-Beschwerden vorbeugen können: durch die orale Gabe des Enzyms Alpha-Galactosidase. Sie konnten nachweisen, dass Probanden, die ein entsprechendes Enzympräparat eingenommen hatten, eine schwer verdauliche Mahlzeit aus Hülsenfrüchten besser verdauten und daher vertrugen als jene, die auf das Präparat verzichtet hatten.

Mitte der 90er-Jahre hatten Wissenschaftler der selben Universität festgestellt, dass ein solches Präparat Magen-Darm-Beschwerden vorbeugen kann. Ähnlich positive Beobachtungen haben vor wenigen Jahren italienische Forscher von der Universität Pavia gemacht. In ihrer Studie reduzierte ein Alpha-Galactosidase-Präparat die Bildung von Darmgasen und Symptome der Flatulenz (Blähungen). Forscher des Pharmaunternehmens Bayer haben vor einigen Jahren herausgefunden, dass die orale Gabe des Enzyms Flatulenz-Symptome nach Einnahme von Acarbose mindert. Acarbose ist ein blutzuckersenkendes Medikament für Diabetiker, dessen bekannte Nebenwirkung eine verstärkte Darmgasbildung ist.