Sexsucht: Das sind die Ursachen von Hypersexualität
Sex gilt gemeinhin oft als die schönste Nebensache der Welt. Er macht nicht nur glücklich und wirkt sich positiv auf das persönliche Wohlbefinden aus, sondern gilt auch noch als gesund. Er verbrennt Kalorien, stärkt das Immunsystem und ist gut für das Herz-Kreislauf-System. Darüber hinaus bauen zwei Menschen über eine sexuelle Verbindung Nähe auf, stärken ihre Paarbeziehung oder haben einfach nur eine schöne Zeit. Zu viel Sex kann es eigentlich nicht geben – könnte man zumindest meinen.
Wann hat man zu viel Sex?
Wenn jedoch von Hypersexualität die Rede ist, wendet sich das Blatt. Hypersexualität ist besser bekannt als Sexsucht und für die Betroffenen eine enorme Belastung. Sexsucht ist dabei nicht unbedingt das richtige Wort, da es sich nicht um eine klassische Sucht handelt. So gibt es keine typischen oder einheitlichen Entzugserscheinungen und die Sucht ist nicht an eine bestimmte Substanz gebunden wie zum Beispiel Alkohol oder Drogen. Vielmehr handelt es sich um ein zwanghaftes Verhalten und eine Störung der eigenen Impulskontrolle. Im Sprachgebrauch ist Sexsucht aber der geläufige Begriff, da das Verhalten von Sexsüchtigen durchaus dem von Alkohol- oder Drogensüchtigen ähnelt.
Klare Zahlen, wie viele Menschen von Hypersexualität betroffen sind, gibt es nicht. Je nach Auslegung gehen Experten davon aus, dass etwa 1 Prozent bis 6 Prozent der Erwachsenen betroffen sind, Männer häufiger als Frauen. Eine eindeutige Definition von Hypersexualität gibt es ebenfalls nicht. Grundsätzlich bezeichnet Hypersexualität ein sexuelles Erleben oder Verhalten, das als zu stark ausgeprägt ist. Dabei gibt es keine festgelegte Größe, wie viel zu viel ist. Nur weil jemand 20 Mal die Woche Sex hat, ist er noch lange nicht sexsüchtig. Viel wichtiger sind dabei die Gedanken, die der Betroffene hat und die Auswirkungen, die sein Verhalten mit sich bringt.
Hypersexualität: Wenn Sex das gesamte Leben bestimmt
Im Zuge einer Hypersexualität steht Sex im Mittelpunkt des Lebens. Die Gedanken kreisen nur noch um Befriedigung und die Bewältigung des Alltags wird dadurch zur Herausforderung. Die Betroffenen vernachlässigen ihre Interessen abseits von Sexualität und soziale Kontakte zu Freunden und Familie leiden. Drei typische Symptome gibt es, die auf eine Hypersexualität hinweisen können:
- Die Betroffenen befriedigen sich sehr oft selbst.
- Häufige Partnerwechsel sind üblich. Die Betroffenen können sich nicht lange an eine Person binden.
- Der Konsum von Pornographie bestimmt mehrere Stunden des Tages.
Bei einer Hypersexualität wird Sexualität zum Zwang und das macht sie so belastend. Betroffene suchen zwar immer nach dem nächsten sexuellen Kick, finden dann darin aber keine anhaltende Befriedigung und suchen anschließend nach dem nächsten. Viele handeln mit Sexualität sogar als Ware und bieten entweder selber ihren Körper an oder gehen zu Prostituierten, um Sex zu bekommen.
Aus der Hypersexualität können weitere negative Folgen resultieren
- Aus der Hypersexualität können Geldsorgen entstehen, da die Betroffenen ihren Verpflichtungen wie zum Beispiel ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen können. Auch der häufige Gang zu Prostituierten kann finanzielle Probleme bereiten.
- Aufgrund häufig wechselnder Partner steigt das Risiko für Geschlechtskrankheiten.
- Wer in einer festen Partnerschaft an Sexsucht leidet, hat meist mit schwerwiegenden Problemen in der Beziehung zu kämpfen.
- Um das sexuelle Bedürfnis zu befriedigen werden voyeuristische oder sogar kriminelle Handlungen ausgeübt.
- Auch Zudringlichkeiten oder das Ausnutzen einer Machtposition sind nicht unüblich.
- Die Personen fühlen sich nach dem Ausleben der Sexualität schlecht, verspüren Schuldgefühle, Selbsthass oder sogar Ekel.
Diese Ursachen können hinter einer Hypersexualität stecken
Die Ursachen für die Hypersexualität können verschieden sein. Eindeutige Gründe zu finden ist nicht immer leicht und in der Regel auch nicht ohne therapeutische Hilfe möglich.
Körperliche Erkrankungen: Körperliche Erkrankungen können eine Hypersexualität auslösen wie zum Beispiel ein Tumor in der Nebennierenrinde.
Missbrauch: Manche Betroffene waren in ihrer Vergangenheit Opfer von Missbrauch. Dieser kann emotionaler, körperlicher oder sexueller Natur gewesen sein. Ein mangelndes Selbstwertgefühl sowie ein übersteigertes Schamgefühl können daraus resultieren, ebenso wie das Gefühl, dass die eigene Persönlichkeit unvollständig ist.
Zerstreuung: Innerer Leere und Perspektivlosigkeit wird mit Sex kurzfristige positive Emotionen entgegengesetzt, um das eigene Unglück kurzzeitig zu vergessen.
Psychische Erkrankungen: Im Rahmen einer Manie oder anderen Zwangsstörungen kann Hypersexualität auftreten.
Genetische Veranlagung: Wie bei Alkoholoismus kann auch für Hypersexualität eine genetische Veranlagung vorliegen. Diese bezieht sich in der Regel auf generelles süchtiges Verhalten und kann in verschiedenen Ausprägungen auftreten.
Prägende erste sexuelle Erfahrungen: Wenn die ersten sexuellen Erlebnisse besonders positiv wahrgenommen wurden, kann dies dazu führen, dass dieser „Kick“ immer wieder gesucht wird. Die frühere Intensität wird aber nun nicht mehr erreicht, weshalb eine immer höhere Dosis, also immer mehr Sex, nötig wird.
Häufigt tritt eine Hypersexualität in Kombination mit einer anderen Sucht auf wie zum Beispiel einer Alkohol- oder Medikamentensucht. Auch Depressionen oder Essstörungen sind ein häufiger Begleiter von Hypersexualität.
Wie kann Hypersexualität behandelt werden?
Die Betroffenen leiden oft unter ihrem eigenen Verhalten, haben aber Scham sich in Behandlung zu begeben. Dennoch ist es umso wichtiger, dass sich Betroffene psychologische Hilfe suchen, denn alleine bekommen sie die Hypersexualität in der Regel nicht in den Griff. In einer Therapie geht es dann unter anderem um die möglichen Ursachen der Hypersexualität und vor allem auch darum, wie sie im Alltag kontrolliert werden kann. Impulskontrolle ist das entscheidende Stichwort und die Betroffenen lernen Schritt für Schritt, wie sie mit ihrer Sucht leben können.
Es gibt nur wenig Therapeuten in Deutschland, die auf das Thema Hypersexualität spezialisiert sind. Betroffene können Hilfe in Selbsthilfegruppen finden, die ein wichtiger Schritt zur Akzeptanz der Verhaltensstörung sein können. Leider werden viele Sexsüchtige erst dann behandelt, wenn sie straffällig geworden sind. Um es gar nicht erst soweit kommen zu lassen ist es wichtig, die Hypersexualität früh zu erkennen. Besonders in einer Partnerschaft kann das Verhalten auffällig werden und der Partner hat dann die schwere Aufgabe, den Betroffenen mit seiner Sexsucht zu konfrontieren.
Das Ziel der Behandlung von Hypersexualität ist dabei nicht die Abstinenz, wie sie bei Drogen- oder Alkoholsüchtigen nötig ist. Vielmehr geht es darum, die Betroffenen zu einem normalen Umgang mit Sexualität zurückzuführen, die nicht das gesamte Leben bestimmt. Eine Verhaltenstherapie ist der beste Weg dazu und für die Betroffenen unumgänglich. Falls parallel eine sogenannte Substanzsucht oder eine Depression vorliegen, werden auch diese behandelt, um dem Patienten zu einem rundum besseren Wohlbefinden zu verhelfen.