Wie werden Gesichtsnerven wieder funktionstüchtig?

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Ihr erster Gedanke beim Aufwachen war: „Hatte ich einen Schlaganfall?” Denn Ihre eine Gesichtshälfte fühlte sich recht merkwürdig an. Und beim Blick in den Spiegel stellten Sie dann fest, dass diese schlaff herunterhing.

Wie sehr Sie sich auch anstrengten, es gelang Ihnen nicht, mit dem einen Mundwinkel zu lächeln. Auch das Auge dieser Gesichtshälfte ließ sich nicht schließen.

Wenn plötzlich das Gesicht gelähmt ist

Bei plötzlich auftretenden Gesichtslähmungen ist es wichtig, dass Sie so schnell wie möglich eine Notfallambulanz aufzusuchen. Denn es könnte sich hierbei tatsächlich um einen Schlaganfall handeln. Wenn aber außer dem Gesicht keine weiteren Bereiche Ihres Körpers von einer Lähmung betroffen sind, dann könnte es sich eher um eine Bell-Lähmung handeln.

Die bei dieser Erkrankung hervorgerufene teilweise oder vollständige Lähmung Ihres Gesichts geht meist nach Wochen oder Monaten von selbst zurück. Dennoch kann man durch eine rasche Behandlung die Chancen einer vollständigen Genesung erhöhen.

Ein Gesichtsnerv gerät unter Druck

Der für die Gesichtsmuskeln zuständige Nerv führt auf seinem Weg zum Gesicht durch einen schmalen knöchernen Kanal (medizinischer Fachausdruck: Canalis Facialis). Entzündet sich dieser Nerv oder schwillt er an, wird in diesem knöchernen Kanal Druck auf ihn ausgeübt. Der Gesichtsnerv kann gereizt oder verletzt werden, was dann zu einer Bell-Lähmung führen kann.

Die Bell-Lähmung kann in jedem Alter auftreten, wobei sie bis zum 40. Lebensjahr häufiger vorkommt als danach. Zudem erkranken mehr Menschen daran, die an bestimmten Virusinfektionen wie einer Infektion der oberen Atemwege, Borreliose oder Diabetes leiden.

Diagnose nach dem Ausschlussverfahren

Diese Nervenschädigungen können wiederum eine Reihe von Problemen hervorrufen, die ziemlich rasch auftreten und ihren Höhepunkt nach 1 bis 3 Tagen erreichen.

Zu den Anzeichen und Symptomen gehören:

  • Der Verlust von Muskelfunktionen reicht von leichter Muskelschwäche bis zur kompletten Lähmungserscheinung einer Gesichtshälfte. In den meisten Fällen kommt es jedoch nicht zur vollständigen Lähmung.
  • Ein trockenes, gereiztes Auge, das aus dem Augenwinkel tränt, weil das Augenlid nicht geschlossen werden kann.
  • Schmerzen im Ohr- oder Kieferbereich, Ohrgeräusche oder Geräuschempfindlichkeit
  • Kopfschmerzen
  • Geschmacksverlust oder verminderte Speichelproduktion

Noch gibt es keinen Test, um eine Bell-Lähmung zu diagnostizieren. Somit erfolgt die Diagnosestellung über den Ausschluss möglicher Ursachen, die ähnliche Gesichtslähmungen hervorrufen. Hierzu gehören Schlaganfall, Tumore, Innenohrentzündungen, Multiple Sklerose, bestimmte Autoimmunkrankheiten oder Gürtelrose, bei denen Gesichtsnerven geschädigt werden können.

Auch eine Borreliose kann eine Gesichtslähmung hervorrufen

Zudem kann eine Borreliose eine Bell-Lähmung hervorrufen und es können beide Gesichtshälften betroffen sein. Eine Borreliose ist eine Infektionskrankheit, die überwiegend durch einen Zeckenstich übertragen wird.

Nach Angaben des Robert Koch Instituts sind bis zu 35% der Zecken mit Borrelien befallen. In bis zu 6% der Fällen ist in Deutschland nach einem Zeckenstich mit einer Infektion zu rechnen.

Achten Sie auf den Unterschied

Oft sind es nur geringfügige Unterschiede, die helfen, eine Bell-Lähmung auszuschließen. Hierzu gehören zum Beispiel: Symptome, die nicht plötzlich auftreten, sondern erst nach und nach zum Vorschein kommen, eine Lähmung in beiden Gesichtshälften, oder wenn die Stirn der betroffenen Gesichtshälfte nicht von einer Lähmung betroffen ist. Dies kann darauf hinweisen, dass eine andere Ursache als eine Bell-Lähmung vorliegt.

In den meisten Fällen gehen die Beschwerden von allein zurück

Wenn Ihr Arzt eine Bell-Lähmung ausschließen kann, gibt es die Möglichkeit, bestimmte Tests oder Ultraschalluntersuchungen zur Diagnosestellung durchzuführen. Außerdem können Patienten mit Bell-Lähmung dahingehend untersucht werden, ob andere, bisher unentdeckt gebliebene Erkrankungen, wie Borreliose oder Diabetes, vorliegen.

In den meisten Fällen gehen die Symptome einer Bell-Lähmung nach einigen Wochen von selbst zurück. In schwerwiegenderen Fällen kann eine vollständige Genesung jedoch zwischen drei und sechs Monaten oder auch länger andauern.

Bei dieser Behandlungsmethode genesen die meisten Betroffenen

Bei etwa 85% der Patienten mit Bell-Lähmung stellt sich eine vollständige Regeneration der Gesichtsnerven auch ohne Behandlung wieder ein. Bei den 15% der Betroffenen, die nicht wieder gesund werden, handelt es sich meist um Patienten, die von einer vollständigen Lähmung betroffen sind.

Ihr Arzt wird Ihnen wahrscheinlich eine Reihe von Kortikosteroiden in Tablettenform verschreiben, um die Entzündung um den Gesichtsnerv herum zu bekämpfen. Mit dieser Behandlungsmethode erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer vollständig Genesung, außerdem wird die Genesungszeit verkürzt.

Eine Operation ist nur in seltenen Fällen erforderlich

Auch hat man den Einsatz von  antiviralen Mitteln als eine Möglichkeit getestet, die Heilung zu beschleunigen. Es ist jedoch noch umstritten, ob diese Vorgehensweise Vorteile bringt. Die Ärzte der Mayo Clinic betonen, dass diese Medikamente hilfreich sind, sofern sie innerhalb der ersten 72 Stunden nach Auftreten der Symptome verabreicht werden.

Nur in seltenen Fällen ist es notwendig, eine Druckminderung auf den Gesichtsnerv mittels operativer Weitung des Nervenkanals zu erreichen. Bei Patienten, die nicht völlig genesen, können mittels chirurgischer Eingriffe kosmetische Korrekturen durchgeführt werden.

Auf diese Weise lässt sich eine herunterhängende Augenbraue oder ein schiefer Mundwinkel korrigieren. Durch Injektionen von Botulinum toxin (Botox) werden Muskeln der nicht gelähmten Seite gezielt stillgelegt, sodass das Gesicht dadurch symmetrischer wirkt.