Schulter-Rheuma: Heilsamer Tunnel

Älterer Mann hat Schmerzen in der Schulter
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Das Übel kommt urplötzlich: Eines Morgens schmerzen beim Aufwachen die Schultern oder Oberarme. „Da habe ich mich wohl verlegen“, denken die Betroffenen. Im Lauf des Vormittags verschwinden die Beschwerden, doch am nächsten Morgen sind sie wieder da. Dieser Ablauf wiederholt sich nun jeden Tag. Viele Menschen untersuchen dann ihr Bett: Ist die Matratze vielleicht zu weich oder zu hart? Das Kopfkissen zu flach oder zu dick? Könnte es vielleicht Zugluft sein? Doch auch eine neue Matratze, ein modernes Nackenkissen usw. ändern nichts an den Schmerzen. Im Gegenteil: Sie nehmen häufig noch zu. Und auch sonst fühlen sich die troffenen garnicht mehr gesund, sondern müde, appetitlos und schwach. Warum Ihnen im Akutfall nur Kortison und Bewegungsübungen helfen erfahren Sie hier. Die entzündungshemmende Wirkung der Luft im Gasteiner Heilstollen bei allen Rheumaarten beruht auf drei Faktoren: Dem hohen Radongehalt, der heilsamen Temperatur von 37 bis 41,5 °C und der hohen relativen Feuchtigkeit von 70 bis fast 100 %.

Viele Ärzte ordnen das Symptom Schulterschmerz zunächst falsch ein

Leider erkennen auch viele Ärzte nicht sofort, was sich hinter den quälenden Schulter-Oberarm-Schmerzen verbirgt: eine besondere Form des akuten Rheumas, die so genannte Polymyalgia rheumatica (PMR). Hier erfahren Sie, wie sich diese Erkrankung feststellen lässt und warum nur eine Kombination von Kortison mit Bewegungstherapie die akute Gefahr einer Schulterversteifung bannen kann. Außerdem sagen wir Ihnen, wie Sie z. B. mit natürlichen Entgiftungsverfahren und einer entzündungshemmenden Ernährung ein Wiederaufflackern des so genannten Schulter-Rheumas dauerhaft verhindern. Diese Rheumaform wurde 1957 von dem Rheumatologen H. S. Barber in der US-Fachzeitschrift Annals of Rheumatic Diseases ausführlich als eigenständige akute entzündliche Gelenkerkrankung beschrieben. Die aus dem Altgriechischen entlehnte Bezeichnung Polymyalgia rheumatica bedeutet „wandernde Schmerzen zahlreicher Muskeln“.

Was sind typischen Symptome des Schulter-Rheumas?

  • akuter Beginn nach dem 45. Lebensjahr
  • Schmerzen und Steifheit in Nacken, Schultergürtel und Oberarmen bzw. in Becken und Oberschenkeln (selten)
  • allgemeines Krankheitsgefühl
  • Gewichtsverlust
  • leichtes Fieber (über 37 °C)
  • Anämie (Blutarmut)
  • stark erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit: weit über 40 mm/h (Frauen) bzw. 30 mm/h (Männer)
  • Dauer der Beschwerden länger als 4 Wochen

Eine Polymyalgia rheumatica gilt als sehr wahrscheinlich, wenn sechs der genannten Symptome vorliegen.

Akutes Schulter-Rheuma

Bei einer akuten Polymyalgia rheumatica ziehen die Schmerzen hauptsächlich im Bereich der Oberarme, Schultern und acken umher. In seltenen Fällen sind auch Hüfte und Oberschenkel betroffen.

Die Ursache ist eine Entzündung im Schultergelenk

Dank der Kernspintomografie (MRT) konnten die krankhaften Abläufe beim akuten Schulter-Rheuma jetzt endlich aufgeklärt werden. Danach beginnt das Übel an der Außenseite der Schultergelenkskapsel mit autoimmunbedingten Entzündungen: Das Immunsystem greift das eigene Gewebe an. Diese Entzündung betrifft auch die Bänder und Sehnen zahlreicher Oberarm-, Brust- und oberen Rückenmuskeln, die an der Schultergelenkskapsel befestigt sind. Das ist der Grund, warum die Schmerzen unvorhersehbar wandern: So kann z. B. zunächst ein Oberarmmuskel betroffen sein, sodass Sie Schmerzen im Oberarm spüren. Einige Tage später kann sich die Entzündung auf die Sehne eines Schulter- oder Rückenmuskels ausbreiten, sodass Sie dann Schulter bzw. Nackenschmerzen bekommen.

Das Problem: Viele Erkrankungen bewirken ähnliche Beschwerden wie das Schulter-Rheuma

Die Erkrankung tritt aus unbekannten Gründen dreimal häufiger bei Frauen als bei Männern auf. Auch besteht in Europa ein deutliches Nord-Süd-Gefälle: Während in Norwegen 112 Erkrankte auf 100.000 Einwohner kommen, sind es in Italien nur 12. Diese erstaunliche Differenz ist vermutlich auf die Mittelmeerkost in Italien zurückzuführen. Um den Verdacht auf ein akutes Schulter-Rheuma abzuklären, muss Ihr Arzt eine lange Reihe verschiedener Untersuchungen vornehmen. Denn er steht vor der großen Schwierigkeit, dass etliche Erkrankungen sehr ähnliche Beschwerden verursachen.

Diese Erkrankungen müssen ausgeschlossen werden

  • chronisch rheumatische Gelenkentzündungen (rheumatische Polyarthritis): symmetrischer Befall der kleinen Fingergelenke
  • Fibromyalgie: keine Entzündungsparameter, aber typische Schmerzpunkte
  • bakterielle Herzinnenhautentzündung (Endokarditis): Herzschwäche, Atemnot, ausgeprägtes Leistungstief
  • Virusinfekte: Muskelschmerzen, z. B. nach grippalen Infekten, vergehen von selbst
  • Krebs: v. a. des Knochenmarks
  • Muskelentzündung (Polymyositis): Muskelschwäche, geringere Schmerzen
  • rheumatische Bindegewebsund Gefäßerkrankungen (Kollagenosen): Befall mehrerer Organe inkl. Haut, Nachweis spezieller Autoantikörper

Zur Abklärung der Diagnose sollte der Arzt neben einer gründlichen körperlichen Untersuchung auf Wirbelfehlstellungen und Muskelverspannungen eine umfassende Blutuntersuchung veranlassen (großes Blutbild, Entzündungsanzeiger wie Blutsenkungsgeschwindigkeit und CRP, Rheumafaktoren und Autoantikörper gegen eigenes Gewebe). Eine Kernspintomografie ist ebenfalls notwendig, um z. B. eine Arthrose oder eine Verkalkung der Schulter auszuschließen. Bei 10 bis 15 % der Patienten mit akutem Schulter-Rheuma finden sich auch autoimmunbedingte Entzündungen in den Blutgefäßen. Da die entzündeten Zellen extrem groß werden, spricht die Medizin von einer Riesenzellarteriitis (RZA). Diese befällt vorwiegend die zum Gehirn führenden Arterien und verursacht Durchblutungsstörungen bis hin zur akuten Erblindungsgefahr, wenn Netzhautgefäße erkranken. Daher muss Ihr Arzt, wenn sich der Verdacht auf ein akutes Schulter-Rheuma erhärtet hat, unbedingt auch Ihre Blutgefäße an Hals und Schläfe per Ultraschall untersuchen.

Gegen die akute Entzündung der Schulter hilft nur Kortison

Das akute Schulter-Rheuma ist ein beeindruckendes Beispiel für die segensreiche Wirkung von Kortison – es wirkt fast sofort. Dagegen richten die beim klassischen Gelenkrheuma der Hände eingesetzten NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) bei der Polymyalgia rheumatica nichts aus. Nach einer Anfangsdosis (30 mg/Tag bei reinem Schulterrheuma, 100 mg/ Tag bei Riesenzellarteriitis) wird die Kortison-Dosis über etwa ein bis zwei Jahre in Minischritten auf Null reduziert. Kortison erhöht das Osteoporose-Risiko. Achten Sie daher auf tägliche Bewegung und lassen Sie sich vom Arzt ein Kalzium-Vitamin-D3-Präparat empfehlen.

Bewegungsübungen sind für Sie jetzt das A und O

Das Schultergelenk ist das einzige Gelenk des Körpers, das fast nur von Muskeln stabilisiert wird. Wenn Sie aber Ihre schmerzhafte Schulter schonen, lassen Elastizität und Kraft der Schultermuskulatur nach. Bei mehrwöchiger Schonung versteift sie. Daher raten wir Ihnen dringend: Lassen Sie sich von Ihrem Arzt Krankengymnastik für Ihre Schulter verschreiben. Einige Grundübungen für zu Hause, mit denen Sie zugleich der Osteoporose vorbeugen, finden Sie im Kasten unten. Auch die altchinesische Bewegungstechnik Qi Gong ist ganz hervorragend gegen Schulter-Rheuma geeignet. Da es bei den Qi-Gong-Übungen unbedingt auf eine sehr präzise Ausführung ankommt, sollten Sie diese Techniken in einem Kurs (z. B. an der Volkshochschule, in Sportvereinen und Fitness-Centern) erlernen. Hier hat es auch endlich einmal einen echten Fortschritt in der Versorgung von Rheuma-Patienten gegeben: Nicht nur die privaten Krankenversicherungen, sondern auch viele gesetzliche Krankenkassen beteiligen sich mit einem Zuschuss an den Kosten für diese Kurse (10 Termine ca. 60 bis 80 €). Nutzen Sie dieses wirklich sehr hilfreiche Angebot.

Kupferschmuck gegen Schmerzen und Steifheit: Was die Forschung dazu sagt

Magnet- und Kupferschmuck werden, zum Beispiel als Armreifen, von vielen Menschen getragen, die an Arthritis oder Rheuma leiden. Erhältlich sind sie mittlerweile in vielen Geschäften. Hier wird damit geworben, dass der Schmuck Schmerzen und Gliedersteifheit lindern soll. Forscher der Universität of York sind diesen Behauptungen nachgegangen und haben verschiedene Schmuckstücke mit und ohne Magneten von 45 Rheuma-Patienten testen lassen. Die Studienteilnehmer trugen 16 Wochen lang immer einen Schmuck. Das Ergebnis: Keines der Schmuckstücke wirkte sich positiv auf die Beschwerden aus, sie hatten alle keinen Vorteil gegenüber Placebo-Armreifen. Dass viele Menschen dem Schmuck dennoch eine Heilwirkung zusprechen, liegt, so die Wissenschaftler, am Kaufzeitpunkt. Der Schmuck wird von vielen Menschen dann gekauft, wenn es ihnen gerade sehr schlecht geht. Bessern sich die Beschwerden, wird dies auf den Schmuck geschoben, obwohl dieser gar nichts damit zu tun hat.