Chemotherapie gegen Krebs: Wenn die Behandlung Sie krank macht

Chemotherapie
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Zuerst wurde die Diagnose Krebs gestellt. Monate einer Chemotherapie stehen bevor. Sie machen sich Gedanken darüber, wie Sie mit den möglichen Nebenwirkungen der Chemotherapie fertig werden.

Von anderen Krebspatienten, die chemotherapiert wurden, wissen Sie, dass insbesondere Übelkeit und Erbrechen auftreten können. Doch muss es wirklich so schlimm kommen?

Chemo – ja oder nein? Eine schwierige Entscheidung

Die meisten Ärzte drängen auf den raschen Einsatz der Chemotherapie. Sie sollten sich jedoch in Ruhe informieren und entscheiden können. Meist ist eine derartige Hast nicht vonnöten.

Die Entscheidung für oder gegen eine „Chemo” ist immer eine Gratwanderung. Oft werden die Krebskranken mit Statistiken und Wahrscheinlichkeitsrechnungen schier erschlagen, über die Nebenwirkungen schweigen sich die Behandler hingegen gern aus. Doch die sind ja bekanntermaßen gravierend.

Da die Medikamente mit dem Blutkreislauf im ganzen Körper verteilt werden, „vergreifen” sie sich auch an gesunden Zellen und zerstören diese. Das gilt besonders für die empfindlichen Haarwurzel- oder Schleimhautzellen, die sich häufig teilen.

Wenn diese sich rasch erneuernden Zellen gestört werden, kommt es zu den typischen Beschwerden der Chemotherapie: Übelkeit, Erbrechen, Entzündungen der Mundschleimhaut, Haarausfall, gestörte Blutbildung.

Eine Therapie voller Nebenwirkungen

Haben Sie sich für eine systemische Chemotherapie entschieden, die den ganzen Körper überschwemmt, sollten Sie gleichzeitig Begleitmaßnahmen ergreifen, um den Nebenwirkungen entgegenzusteuern, damit die Therapie für Sie erträglicher wird. Zu den häufigsten Nebenwirkungen einer Chemotherapie zählen:

Übelkeit und Erbrechen

Zur Verhinderung von Übelkeit können weitere Medikamente eingesetzt werden. Aber auch alternative Heilmittel und eine Anpassung der Ernährung bieten sich an. Sie müssen einfach ausprobieren, was Ihnen bekommt und bei Ihnen wirkt.

Hier bieten sich homöopathische Mittel an, etwa Tabacum C30 oder Nux vomica C30 (mehrmals täglich drei bis vier Globuli). Nehmen Sie vor der Therapie nur eine leichte Mahlzeit zu sich, die Ihnen bekommt, verzichten Sie auf Süßigkeiten und natürlich auf Alkohol. Der Duft von Lavendel oder Anis kann ebenso befreiend wirken wie Entspannungsübungen.

Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust

Einige Tage lang nach der Therapie leiden viele Krebskranke an mangelndem Appetit. Die Therapie kann zudem den Geschmackssinn verändern, sodass manche Nahrungsmittel einen unangenehmen Geschmack im Mund hinterlassen.

Das kann im Zusammenspiel mit anderen Nebenwirkungen zu einem unerwünschten und ungünstigen Gewichtsverlust führen. Besonders während der Behandlungsphasen sollten Sie sich gut und ausreichend ernähren. Vor allem schmecken soll es Ihnen.

Haarausfall

Sehr häufig zieht die Chemotherapie Haarausfall am ganzen Körper nach sich, denn sie kann die empfindlichen Haarfollikel schnell beeinträchtigen. Es fallen auch Wimpern und Augenbrauen aus. Das ist zwar nicht bedrohlich, kann aber sehr belastend sein.

Manche Kranke reagieren darauf mit einem Verlust ihres Selbstwertgefühls und mit Depressionen. Mit dem Ende der Therapie stellt sich der Haarwuchs wieder ein, oft auch üppiger als zuvor, wenngleich vielleicht in einer etwas anderen Farbe.

Müdigkeit

Jede Krebstherapie ist mit einer großen Erschöpfung verbunden. Sie können sich nur ein paar Tage müde fühlen, aber auch anhaltend. Manchmal hält dieser Zustand der Erschöpfung noch lange Zeit nach der Therapie an. Bei manchen Krebskranken treten auch Denk-, Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten auf. Dagegen helfen Lavendel- und Rosmarinbäder, Bewegung und Entspannung.

Blutarmut

Wenn die Zahl der roten Blutkörperchen zu stark absinkt, kann es zu einer Anämie kommen. Das ist erkennbar an Kurzatmigkeit, blasser Haut, hellem Zahnfleisch, erhöhter Herzfrequenz und niedrigem Blutdruck.

Die durch die Chemotherapie verursachte Blutanämie geht in der Regel nach dem Ende der Therapie zurück. Bei einer schweren Anämie bekommen Sie Medikamente oder eine Bluttransfusion. Ihr behandelnder Arzt sollte Ihre Blutwerte regelmäßig kontrollieren. Ältere Menschen haben erfahrungsgemäß häufiger Probleme mit Blutarmut.

Schwächung des Immunsystem, Infektionen

Die Chemotherapie kann das Immunsystem schwächen. Eine Schädigung des Blutbildes bedeutet, dass die Zahl der weißen Blutkörperchen sinkt, das Immunsystem geschwächt wird und es können sich Infektionen einstellen. Der Arzt kann Ihnen hier Medikamente verschreiben. Sie können es aber auch mit Ecchinacea oder Mistelextrakten und anderen natürlichen Immunstärkern probieren.

Medikamente sollten Sie nicht auf eigene Faust einnehmen, auch nicht freiverkäufliche wie Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin®), Paracetamol oder Ibuprofen. Seien Sie während der Chemotherapie vorsichtig im Umgang mit anderen Menschen, insbesondere Kranken. Auch um Tiere, rohes oder ungenügend gegartes Fleisch beziehungsweise Meeresgetier einen Bogen machen, denn diese stellen Infektionsquellen dar.

Blutungen

Eine weitere vorübergehende Begleiterscheinung der Chemotherapie ist, dass die Zahl der Thrombozyten sinkt, die bei der Blutgerinnung eine wichtige Rolle spielen. Das merken Sie daran, dass Sie leichter Blutergüsse bekommen, schneller und länger bluten, wenn Sie sich verletzen, häufiger an Nasen- oder Zahnfleischblutungen leiden, Blut im Stuhl oder im Urin feststellen. Gehen Sie sanft und vorsichtig mit sich um und vermeiden Sie alle Aktivitäten, bei denen Sie sich verletzten könnten.    

Verstopfung

Das ist keine häufige Nebenwirkung der Chemotherapie, jedoch eine anderer Medikamente, die in Zusammenhang mit der Chemotherapie eingesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise die Mittel gegen Übelkeit.

Richten Sie sich mit Ihrer Ernährung darauf ein: Essen Sie ballaststoffreiche Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst, Gemüse und Nüsse.Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit. In hartnäckigen Fällen führen Flohsamenschalen aus der Apotheke sanft ab. Auch Einläufe haben sich hier bewährt.

Durchfall

Viele Chemotherapeutika schädigen die Schleimhautzellen der Darmwände. Dadurch kann es zu Durchfall kommen. Begleitet wird er häufig von Blähungen und Krämpfen. Durchfall kann lebensgefährlich werden, wenn Sie entwässert sind oder einen Darminfekt haben. Informieren Sie deshalb bei Durchfall Ihren behandelnden Onkologen. Wahrscheinlich müssen Sie dann die Chemo abbrechen. Trinken Sie ausreichend und essen Sie viel Obst und Gemüse, um den Nährstoffverlust zu ersetzen.

Veränderungen der Mundschleimhaut

Oft kommt es unter der Chemotherapie zu wunden Stellen im Mund. Es empfiehlt sich, etwa zwei Wochen vor der Chemo noch eine professionelle Zahnreinigung machen zu lassen, damit von daher keine Probleme entstehen. Überprüfen Sie Ihren Mundraum und Ihre Zunge regelmäßig, sodass Sie sofort reagieren können, wenn Sie eine wunde Stelle entdecken. Tupfen Sie die Stellen mit Myrrhentinktur ein.

Lutschen Sie während der Chemo ab und an an einem Eisstückchen, um Entzündungen zu verhindern oder wenn Sie bereits eine entzündete Stelle im Mund haben. Doch sprechen Sie dies vorher mit Ihrem Arzt ab, denn unter bestimmten Umständen (etwa wenn Sie bestimmte Medikamente einnehmen müssen) können sich die Probleme im Mund durch das Eisschlecken verschlimmern.

Veränderungen des Nervensystems

Auch auf die Nerven können sich die Zytostatika auswirken. Besonders betroffen sind die Nervenenden Ihrer Hände und Füße. Sie bemerken das als Kribbeln, Brennen, tauben Händen oder Füßen, einem Gefühl der Schwäche oder der Kälte, Schmerzen beim Gehen, wunde, schmerzende Muskeln, einem Gefühl von „Tappsigkeit”, Ungeschicktheit beim Aufheben von Gegenständen und dem Anziehen von Kleidung, Schwindel, Verwirrtheit und Stimmungsverschlechterung.

Seien Sie im Alltag besonders vorsichtig und passen Sie beim Gehen und Arbeiten gut auf sich auf. Überprüfen Sie Ihre Wohnung auf Stolperfallen und räumen sie diese aus dem Weg. Tragen Sie sicheres Schuhwerk. Sorgen Sie für Sicherheit im Bad. Die meisten dieser Beeinträchtigungen verschwinden nach der Chemotherapie wieder, leider richten sich manche jedoch auch als Dauergast ein.

Sexuelle Beeinträchtigungen

Während der Behandlung kann das sexuelle Empfinden beeinträchtigt sein. Normalerweise reguliert sich das nach der Behandlung jedoch wieder. Die Chemotherapie kann die empfindlichen Spermien und die weiblichen Eierstöcke vorrübergehend oder dauerhaft schädigen. Scheideninfektionen sind während der Chemotherapie keine Seltenheit. Vorbeugend helfen Vaginalzäpfchen mit Döderlein-Bakterien.

Und was noch ganz wichtig ist: Sie haben übrigens jederzeit das Recht, die Therapie abzubrechen, wenn Ihnen die Nebenwirkungen zu unerträglich werden.

Was tun gegen Übelkeit und Erbrechen?

In den letzten zehn Jahren wurden große Fortschritte bei der Entwicklung von besseren Medikamenten zur Bekämpfung von Übelkeit (Nausea) und Erbrechen (Emesis) erzielt. Ihre Anwendung hat nicht nur den Menschen Erleichterung gebracht, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen. Antiemetika helfen auch Patienten, die im Rahmen eines operativen Eingriffs eine Vollnarkose bekommen. Denn letztere können von den gleichen Wirkstoffen profitieren, die bei einer Krebstherapie Übelkeit als Nebenwirkung verhindern sollen.

Übelkeit
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Chemotherapie und Antiemetika

Entsprechend des Schweregrades der zu erwartenden Nebenwirkungen von Übelkeit und Erbrechen werden die verschiedenen chemotherapeutischen Wirkstoffe (Zytostatika) oder Wirkstoffkombinationen einer Skala zugeordnet. Anhand des entsprechenden Wertes auf der Skala können die Ärzte den Patienten gegegebenfalls bereits zur Vorbeugung vor Beginn einer Chemotherapie Medikamente gegen Übelkeit verabreichen. Wenn von einer Chemotherapie nur geringgradige Übelkeit als Nebenwirkung erwartet wird, kann Ihr behandelnder Arzt Ihnen ein Neuroleptikum wie zum Beispiel Triflupromazin (Psyquil®) oder Levomepromazin (Neurocil®) verordnen. Auch Alizaprid (Vergentan®) wird häufig bei geringgradiger Übelkeit eingesetzt. Dieser Wirkstoff ist allerdings in Deutschland noch nicht zugelassen.

Sollte Ihr Arzt allerdings als Reaktion auf ein Chemotherapeutikum stärkere Übelkeit und Erbrechen erwarten, wird er Sie wahrscheinlich zur Bekämpfung der Übelkeit mit stärker wirksamen Medikamenten behandeln. Dazu zählen Dolasetron, Granisetron und Ondansetron (Zofran®) und Tropisetron (Navoban®). Ein neueres Mitglied dieser Medikamentenklasse ist der Wirkstoff Palonosetron (Aloxi®), der nur intravenös verabreicht werden kann. Er ist teurer als die anderen Wirkstoffe, doch seine Wirkung scheint etwas effektiver zu sein und zudem länger anzuhalten. Die Wirksamkeit dieser Medikamente (Setrone) kann durch die zusätzliche Gabe von Kortikosteroiden noch weiter gesteigert werden.

Wenn die Übelkeit anhält

Zur Behandlung von prolongierter, das heißt über die Chemotherapie hinaus andauernder Übelkeit, könnte Ihr Arzt Aprepitant (Emend®) in Erwägung ziehen. Allerdings ist dieses Medikament deutlich teurer, es wird in der Regel aber von den Krankenkassen erstattet. Wird dieses Medikament in Kombination mit anderen Wirkstoffen eingenommen, so ist es den Setronen (z. B. Ondanstron®, Dolasetron®) bei Chemotherapeutika überlegen, die starkes und prolongiertes Erbrechen verursachen.

Auch Kortikosteroide können dazu beitragen, Übelkeit während einer Chemotherapie zu lindern. Häufig werden sie zusätzlich zu den Setronen eingesetzt, um Übelkeit zu verringern. Allerdings halten sie die Patienten meist auch wach, was den notwendigen Schlaf verhindert. In diesem Fall kann Ihnen der Wirkstoff Lorazepam (Tavor®) dabei helfen, sich zu entspannen und Ihnen zu mehr Ruhe verhelfen.

Auch Akupunktur hat sich als wirksam erwiesen

Eine andere Behandlungsoption, die Sie in Erwägung ziehen könnten, ist die Akupunktur. Der amerikanischen Gesundheitsbehörde National Institutes of Health zufolge gibt es sichere Beweise dafür, dass Akupunktur den Betroffenen Erleichterung bei Übelkeit und Erbrechen infolge einer Chemotherapie verschafft. Häufig verwenden Ärzte zur Verhinderung von Übelkeit nach einer Narkose mehr als einen Wirkstoff. Als Zusatzmedikamente haben sich hier Antihistaminika oder Kortikosteroide bewährt.

Selbst die Erwartungshaltung kann Übelkeit auslösen

Bis zur Hälfte der Patienten, die eine Chemotherapie bekommen, entwickeln schon im Vorfeld Übelkeit. Dies wird als antizipatorische Übelkeit bezeichnet. Die Übelkeit wird typischerweise durch Gegenstände oder Situationen ausgelöst, die mit der Behandlung in Verbindung stehen, beispielsweise durch den Geruch eines alkoholhaltigen Wattetupfers oder dem Anblick der Krankenpflegerin, die dem Patienten die Chemotherapie verabreicht, selbst dann, wenn der Patient sie in Zivil und nicht in der Krankenhausumgebung sieht.

Die Patienten, bei denen die Übelkeit schon in Erwartung der Chemotherapie auftritt, haben eventuell schon schwere Übelkeit, Erbrechen oder Schwindel bei vorhergehenden Chemotherapien erlebt oder aber sie haben eine Vorgeschichte einer Reisekrankheit (z. B. Seekrankheit, im Flugzeug). Manchmal hängen die Probleme auch mit extremen Sorgen und Ängsten vor der bevorstehenden Therapie zusammen. Die klassischen Medikamente gegen Übelkeit sind bei der antizipatorischen Übelkeit nicht sehr hilfreich. Dagegen können Angst lösende Medikamente (Anxiolytika) wie der Wirkstoff Lorazepam (Tavor®) in Verbindung mit Entspannungstechniken und Verhaltensänderungen sehr hilfreich sein.

Was können Sie selbst beitragen?

Zusammen mit der Therapie mit Antiemetika können Selbsthilfestrategien (z. B. Entspannungstechniken) Ihr Befinden während der Chemotherapie stabilisieren. Aber es gibt auch noch einige andere hilfreiche Tipps:

  • keine Verzögerung – Die antiemitisch wirksamen Medikamente sollten schon 30 bis 60 Minuten vor der Chemotherapie verabreicht werden.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Arzt – Stellen Sie sicher, dass Ihr behandelnder Arzt ein klares Bild von der Schwere Ihrer Übelkeit hat. Normalerweise ist es möglich, sinnvolle Veränderungen in den anschließenden Chemotherapiezyklen vorzunehmen. Sprechen Sie Ihren Arzt auch darauf an, ob bei Ihnen Akupunktur zur Linderung von Übelkeit und Erbrechen eingesetzt werden kann.
  • Essen Sie mehrmals am Tag leichte Kost – Vermeiden Sie drei große Mahlzeiten am Tag. Sie könnten es mit einer leichten Zwischenmahlzeit ein paar Stunden vor der Behandlung versuchen.
  • Essen und trinken Sie langsam – Essen Sie nach Ihrem eigenen Tempo und hören Sie bei Sättigkeitsgefühl auf zu essen. Essen Sie nicht zu viel.
  • Nehmen Sie „Wunschkost” zu sich – Essen Sie vielfältig, aber suchen Sie Nahrungsmittel aus, die Sie besonders gut essen und verdauen können. Selbst Knabbereien wie Salzcracker können hilfreich sein.
  • Trinken Sie viel – Versuchen Sie, an kalten Getränken wie Cola, Ginger Ale oder Mineralwasser mit Zitronengeschmack zu nippen, um die Übelkeit zu reduzieren. Allerdings sollten Sie es vermeiden, während des Essens zu viel zu trinken.
  • Ruhen Sie nach dem Essen – Legen Sie sich nicht flach hin, aber entspannen Sie sich nach einer Mahlzeit und beschäftigen Sie sich mit einfachen Dingen, für die Sie Ihren Verstand brauchen.