Histaminintoleranz: Symptome, Ursachen & Lebensmittel

Histaminintoleranz, Ernährung, Ernährungstipps, Krankheiten
Brigitte Bonaposta - Adobe Stock
Inhaltsverzeichnis

Wissenswertes zur Histaminintoleranz

Definition: Unzureichender Abbau von Histamin im Körper führt zu Abwehrreaktionen

Symptome: Bei Haut, Magen-Darm-Trakt, Sexualorgane, Atemwege, Herz-Kreislauf-System, Gehirn, Muskeln, Immunsystem

Diagnose: Mithilfe von verschiedenen (Allergie-)Tests

Therapie: Ernährungsumstellung, Anpassung der Medikamenteneinnahme, Antihistaminikum

Prognose: Mittels Lebensmittelumstellung & Medikamenten gut in den Griff zu bekommen

Verbreitung: 1 bis 3 % der westlichen Bevölkerung

In Deutschland sind rund drei Millionen Menschen von einer Histaminintoleranz betroffen, einer Unverträglichkeit bzw. Intoleranz gegenüber dem körpereigenen Stoff Histamin. Die Folgen sind teilweise Hautreaktionen, Jucken, Magen-Darm-Beschwerden sowie Kopfschmerzen oder eine laufende Nase; die Symptome können allerdings auch sehr individuell ausfallen. Damit ähneln diese Symptome stark einer Allergie bzw. den Resultaten einer allergischen Reaktion, mit der eine Histaminintoleranz anfangs teilweise verwechselt wird – sogar von einigen Ärzten. Es handelt sich stattdessen um eine Reaktion auf einen Stoff, der natürlicherweise im Körper vorkommt und über bestimmte Lebensmittel mit Histamingehalt aufgenommen wird.

Was ist Histaminintoleranz

Bei einer Histaminunverträglichkeit reagiert der Körper mit Abwehrreaktionen auf eine erhöhte Menge an Histamin. Es handelt sich allerdings nicht um eine Allergie gegen Histamin: Histamin kommt natürlicherweise im Körper vor und erledigt wichtige Funktionen. Die Symptome der Histaminintoleranz ähneln oftmals denen einer allergischen Reaktion, weswegen im Volksmund auch von einer Histaminallergie gesprochen wird. Bei dieser Intoleranz kommt es jedoch primär auf den Histaminspiegel an.

Was ist Histamin?

Bei Histamin handelt es sich um ein Abbauprodukt der Aminosäure Histidin. Es ist ein natürlicher Stoff, der im Körper produziert wird sowie in verschiedenen Lebensmitteln mit Histamingehalt gebunden ist. Typische Träger von Histamin sind leicht verderbliche, tierische Nahrungsmittel (vor allem Fisch). Gleichzeitig enthalten Speisen, bei denen Hefen, Pilze oder Bakterien die Reife vorangebracht haben, einen hohen Histamingehalt. Aus diesem Grund sind vor allem Lebensmittel wie Wein bzw. vor allem Rotwein, Käse, aber auch alle haltbar gemachten Speisen für histaminintolerante Personen problematisch.

Tatsächlich ist Histamin als Abbauprodukt der Aminosäure Histidin wichtig für den Körper. Der natürliche Botenstoff ist ein biogenes Amin (Abbauprodukt) von Aminosäuren. Histamin spielt unter anderem eine entscheidende Rolle bei der Immunabwehr und sorgt für die damit verbundene wichtige Entstehung von Schwellungen, Juckreiz oder Schmerzen. Man kann entsprechend nicht sagen, dass es sich bei Histamin bzw. der Histaminfreisetzung um einen unerwünschten Stoff im Körper handelt. Das macht die Situation mit der Intoleranz für Betroffene nicht einfacher.

Was sind die Symptome bei einer Histaminunverträglichkeit?

Das Krankheitsbild einer Histaminintoleranz ist vielseitig und in wenigen Fällen gleicht eine Unverträglichkeit einer anderen. Ein einheitliches Leitsymptom, welches alle Patienten betrifft, gibt es nicht. Während bei vielen Betroffenen Juckreiz und Rötungen zu den einzigen Beschwerden gehören, müssen andere Patienten mit weitaus stärkeren Reaktionen kämpfen. Der Grund ist, dass jede Zelle Andockstellen für Histamin besitzt. Entsprechend treten überall dort, wo Histamin in zu großer Menge vertreten ist, Symptome auf.

Die Nebenwirkungen des Botenstoffs Histamin können sich somit unterschiedlich zeigen. Die folgende Tabelle präsentiert entsprechend ein paar der typischsten Symptome, die durch eine Histaminintoleranz ausgelöst werden können, geordnet nach dem Ort ihres Auftretens.

OrtSymptomBeschreibung
HautNesselsuchtRote oder weiße Schwellungen auf der Haut (Quaddeln), an den Fingern oder den Augenlidern
Juckreiz, EkzemeDie gereizte Haut beginnt zu jucken, in der Regel oberhalb der Quaddeln
Rötungen und WärmeDie Haut wird stärker durchblutet, warm und rot
Magen-Darm-TraktMagensäureüberproduktionÜbelkeit, Sodbrennen, Völlegefühl
Aktivierung der Magen-Darm-WändeSchmerzen, Krämpfe, Blähungen, Durchfall
SexualorganeErhöhung des ÖstrogenspiegelsMenstruationsbeschwerden und Regelschmerzen
AtemwegeErkältungsanzeichenDie Nase läuft oder ist verstopft
AsthmaanfälleStarke Atembeschwerden durch einen allgemein verringerten Histaminabbau
Herz-Kreislauf-SystemErweiterung der HerzkranzgefäßeHerzrhythmusstörungen, Herzrasen, -stolpern, übermäßiges Herzklopfen
Erweiterung anderer Blutgefäße außerhalb des HerzensAbsinken des Blutdrucks, selten: Schocksymptome
GehirnErweiterung der BlutgefäßeKopfschmerzen bis hin zu Migräne, Schwindel, Müdigkeit
MuskelnMuskelschmerzenEs kommt zu Muskel- und Gliederschmerzen
ImmunsystemInfektanfälligkeitDer Körper kann anfälliger für Infekte werden

Unterscheidung einer Histaminintoleranz von einer Allergie

Intoleranz vs. Allergie

In vielen Fällen werden erste Anzeichen einer Histaminintoleranz mit denen einer typischen Allergie verwechselt. Teilweise kommt es sogar zu falschen Diagnosen durch Ärzte, die ihre Patienten nicht gründlich genug zu ihren Symptomen befragen. Erschwerend kommt hinzu, dass Histaminintoleranz an vielen Universitäten nicht zum Lehrplan von Medizinstudenten gehört. Mediziner müssen sich entsprechend zusätzlich informieren, um sich der Existenz und Möglichkeit von Histaminunverträglichkeiten bewusst zu sein.

Gleichzeitig liegen Allergiereaktionen in der Natur von Histamin. Zur Erinnerung: Histamin ist ein Botenstoff, der Allergiereaktionen hauptsächlich unterstützt. Er ist das Schlüsselmolekül, welches die Beschwerden einer Allergie verursacht. Der große Unterschied: Bei einer Histaminintoleranz ist körperfremdes Histamin der Auslöser bzw. die Unfähigkeit des Körpers es abzubauen. Das Immunsystem spielt bei diesem Prozess keine Rolle. Aus diesem Grund rechnet man diese Unverträglichkeit zu den sogenannten pseudoallergischen Reaktionen.

Info  

Eine Histaminintoleranz ist sehr individuell. Die Symptome eines Betroffenen müssen für einen anderen nicht zutreffen. Viele Ärzte schließen eine Histaminunverträglichkeit entsprechend vorschnell aus, weil einzelne Symptome fehlen.

Was löst Histamin im Körper aus?

Histamin gehört in den Körper. Es wird zum einen durch den Organismus produziert und gleichzeitig über die Nahrung aufgenommen. Nervenzellen, Mastzellen sowie Blutplättchen produzieren den Botenstoff und speichern ihn im Körper. Normalerweise liegt hier ein Gleichgewicht vor. Bei einem Histaminüberangebot kommt es stattdessen zu ungewollten Körperreaktionen.

Wie entsteht eine Histaminunverträglichkeit?

Wie zuvor erwähnt, spielen bestimmte Enzyme bei der Entstehung einer Histaminintoleranz eine entscheidende Rolle. Es handelt sich um sogenannte DAO Enzyme (Diaminooxidase), die von allen Chordatieren gebildet werden. Chordatiere sind ein Stamm des Tierreichs (56.000 verschiedene Arten), der unter anderem Säugetiere und somit Menschen umfasst. Namensgebend ist die Chorda dorsalis, ein biegsamer Stab entlang des Rückens, der als inneres Skelett dient. Beim Menschen ist sie durch die Wirbelsäule repräsentiert.

Darüber hinaus gibt es noch das Enzym Histamin-N-Methyl-Transferase (HNMT), welches Histamin im Inneren von Zellen deaktivieren kann. Statt HNMT ist die Diaminooxidase die maßgebliche Kraft hinter dem Abbau von Histamin im Körper.

Welchen Einfluss haben Medikamente bei einer Histaminintoleranz?

Zu solchen „DAO-Blockern” gehören zum Beispiel folgende Medikamente. Sie beeinflussen die Arbeit des Enzyms teilweise direkt, teilweise indirekt. Das bedeutet: Manche Medikamente beschäftigen die Diaminoxidase mit anderen Aufgaben, sodass der Histaminabbau beeinträchtigt wird. Andere Medikamente legen die Diaminoxidase stattdessen zur Gänze lahm.

Typische Medikamente mit negativem Einfluss auf DAO:

  • Antibiotika (u. a. Cycloserin, Neomycin, Vancomycin)
  • Antidepressiva (u. a. Amitryptilin)
  • Asthmamittel (u. a. Theophyllin)
  • Bluthochdruckmittel (u. a. Verapamil, Dihydralazin)
  • Hustenmittel (Ambroxol und Acetylsystein)
  • Magenmittel (z. B. Cimetidin)
  • Muskelrelaxantien (u. a. Suxamethonium)
  • Narkotika (z. B. Propanidin)
  • Rheumamittel (z. B. Chloroquin)
  • Röntgenkontrastmittel
  • Schmerzmittel (u. a. Aspyrin, Diclofenac, Morphin)

Ernährung kann Symptome auslösen

Die häufigste Ursache von Problemen mit Histamin ist im Gegensatz zur Medikamenteneinnahme die Ernährung. Besteht eine Einschränkung im Abbau des Botenstoffes, dann kann der Verzehr vieler Lebensmitteln Symptome verursachen, da beispielsweise Alkohol und allen voran Rotwein als Histaminliberator wirken kann. Ungeschickterweise lässt sich Histamin in Speisen oder Getränken nicht herausschmecken, eine zielsichere Erkennung von histaminhaltigen Nahrungsmitteln ist entsprechend schwierig. Als Faustregel gilt, dass Lebensmittel, desto frischer sie sind, weniger Histamin enthalten. Andere bearbeitete Lebensmittel enthalten im Gegensatz dazu viel Histamin und wirken als Histaminliberatoren.

Diagnose: Wie wird eine Histaminintoleranz festgestellt?

Histaminintoleranz Diagnose

Eine Histaminintoleranz zielsicher festzustellen, ist schwierig. Tatsächlich wird das Krankheitsbild erst seit 2012 in der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V. (DGAKI) geführt. Die Entwicklung der Krankheit wird gleichzeitig als unklar angesehen. Weiterhin wird die Histaminintoleranz an deutschen Universitäten nicht zuverlässig im Lehrplan eines Medizinstudiums geführt.

Entsprechend liegt es in vielen Fällen im Eigeninteresse der Ärzte sich umfassend mit dem Krankheitsbild auseinanderzusetzen. Gleichzeitig ziehen Betroffene von Arzt zu Arzt, auf der Suche nach einer eindeutigen Diagnose. Unspezifische Symptome und negative Allergietest-Ergebnisse helfen in diesem Zusammenhang nicht. In den meisten Fällen braucht es eine umfassende Anamnese (Arztgespräch), um die vorhandenen Symptome in ein Gesamtkonstrukt einzuordnen.

Info

In Deutschland wird meist nur auf das Vorhandensein von DAO Enzymen getestet, das Verfahren wird von der Krankenkasse bezahlt. Bei manchen Betroffenen sind aber genügend Enzyme vorhanden, die aber nicht richtig arbeiten. Ein entsprechender Test auf DAO Funktionalität ist möglich und beispielsweise in der Schweiz üblich, wird aber in Deutschland nicht von der Krankenkasse übernommen.

Histaminintoleranz selbst testen

Wie wird eine Histaminintoleranz behandelt?

Gleiches gilt für die Behandlung einer Histaminintoleranz. Sie ist mit der Diagnose eng verwoben. Während der Test auf Histaminintoleranz die Unverträglichkeit entdecken soll, führt in einem nächsten Schritt die Nahrungsumstellung zu einer entsprechenden Linderung der Symptome. Was das im Einzelnen bedeuten kann, soll im folgenden Abschnitt behandelt werden.

Ernährungsumstellung bei Histaminintoleranz

Bei einer Histaminintoleranz sind in erster Linie alle Lebensmittel tabu, die eine große Menge Histamin enthalten. Das sind vor allem gereifter Käse, haltbar gemachtes Fleisch und Fisch. Im Großen und Ganzen gibt es drei Arten von Lebensmitteln, die es zu vermeiden gilt.

Histaminhaltige Lebensmittel:

  • Histaminspeicher: Vereinzelte Lebensmittel enthalten viel Histamin. Die hohe Histaminkonzentration wird überwiegend durch Lagerung und Reifung angereichert.
  • Histaminliberatoren: Andere Lebensmittel enthalten nicht viel Histamin. Stattdessen helfen sie im Körper bei der Freisetzung von Histamin.
  • Lebensmittel mit anderen biogenen Aminen: Auch Lebensmittel mit anderen biogenen Aminen können Probleme verursachen. Diese sollten ebenfalls vermieden werden.

Anpassung der Medikamenteneinnahme

Parallel dazu ist es sinnvoll, die Medikamenteneinnahme im Auge zu behalten. Da vereinzelte Wirkstoffe eine Histaminintoleranz verstärken oder auslösen können, kann das Absetzen oder der Wechsel zu einem anderen Medikament die Beschwerden lindern. Diesbezüglich lohnt es sich, die Medikamentennutzung mit dem behandelnden Arzt abzuklären.

Ernährungstipps bei Histaminintoleranz

Lebensmittel mit Histamin

Nachfolgend finden sich noch ein paar Tipps für eine histaminarme Ernährung. Diese umfasst zum einen den Verzicht auf Nahrungsmittel mit hoher Histaminkonzentration und zum anderen die Bevorzugung von Nahrungsmittel ohne oder mit wenig Histamin. Ein vollständiger Verzicht ist fast unmöglich, es reicht allerdings, auf typische Histaminbomben zu verzichten.

Histaminreiche Lebensmittel: Wo ist überall Histamin drin?

  • Bestimmte gereifte Käsesorten (z. B. Emmentaler, Parmesan)
  • Rohwurst
  • Rohschinken
  • Frischer Fisch mit dunklem Fleisch
  • Jegliche Fischkonserven
  • Sauerkraut
  • Wein, Bier, Sekt

Histaminfreisetzende Lebensmittel

  • Tomaten
  • Erdbeeren
  • Zitrusfrüchte
  • Schokolade
  • Meeresfrüchte
  • Walnüsse, Cashew-Kerne
  • Alkohol

Lebensmittel mit anderen biogenen Aminen:

  • Ananas
  • Papaya
  • Birnen
  • Bananen
  • Erdnüsse
  • Himbeeren
  • Hülsenfrüchte
  • Kiwis
  • Orangen
  • Weizenkeime

Fazit zur Histaminintoleranz

Histaminintoleranz ist eine unangenehme Unverträglichkeit, die mit den richtigen Maßnahmen jedoch gut behandelt werden kann. Dies geschieht in aller Regel durch eine erfolgreiche Erkennung der Ursachen der Probleme und einer Ernährungsumstellung: weg von einer histaminreichen und hin zu einer histaminarmen Ernährung.

Alles in allem ist es wichtig, Wissen über die weitgehend unbekannte Erkrankung zu verbreiten, damit viele Betroffene ihren behandelnden Arzt im Zweifel direkt auf einen Verdacht der Histaminintoleranz ansprechen können.