Chininhaltige Getränke: Sind Tonic Water und Co gefährlich?

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Der Bitterstoff Chinin ist vorwiegend aus Limonaden bekannt. Er darf als Aromastoff verwendet werden und veredelt so alkoholfreie Erfrischungsgetränke mit einer bitteren Note. Doch nicht jeder kann chininhaltige Getränke bedenkenlos trinken, denn der Stoff kann Nebenwirkungen haben. Schließlich wird er in der Medizin auch als Arzneistoff verwendet, zum Beispiel zur Behandlung von Malaria oder Muskelkrämpfen.

Was sind chininhaltige Getränke?

Chininhaltige Getränke enthalten Chinin, das natürlicherweise in der Rinde des Chinraindenbaums vorkommt. Zu den chininhaltigen Getränken gehören:

  • Bitterlimonaden mit Zitrone oder Orange 
  • Tonic Water 
  • Magenbitter 

Charakteristisch für Getränke mit Chiningehalt ist ihr bitterer Geschmack. Sie sind heute in jedem Supermarkt und fast jedem Restaurant oder Café auf der Getränkekarte zu finden, neben süßen Orangen- und Zitronenlimonaden sowie Cola. Chininhaltige Getränke müssen in Deutschland mit dem Hinweis „chininhaltig“ gekennzeichnet sein oder „Aroma Chinin“ muss auf der Zutatenliste stehen. Auch beim Ausschank in Gaststätten oder an offenen Buffets müssen chininhaltige Getränke immer gekennzeichnet sein.

Wie viel Chinin enthalten chininhaltige Getränke?

Antialkoholische Erfrischungsgetränke wie Bitterlimonaden dürfen nicht mehr als 100 mg Chinin pro Liter enthalten. Alkoholische Spirituosen dürfen mit maximal 250 mg Chinin pro Liter versetzt sein. So soll eine medizinische Wirkung des Chinins ausgeschlossen werden. 

Die meisten Hersteller schöpfen diese Obergrenzen aber nicht aus und dosieren den Geschmacksstoff sparsamer. So enthalten Bitterlimonaden mit Zitrone oder Orange in der Regel rund 30 bis 35 mg Chinin pro Liter, je nach zugesetztem Fruchtsaftgehalt, und Tonic Water kommt im Schnitt auf rund 70 mg pro Liter. Es enthält keine fruchtigen Zusätze und ist daher das chininhaltigste und vom Geschmack her auch bitterste Getränk. 

Sind chininhaltige Getränke schädlich?

Für die meisten erwachsenen Personen sind chininhaltige Getränke unbedenklich und sie verspüren keine Nebenwirkungen nach einem moderaten Konsum. Die Kopfschmerzen nach Getränken wie Gin Tonic kommen in der Regel vom Gin und nicht vom Tonic Water.

Allerdings gibt es auch Ausnahmefälle, in denen Chinin körperliche Beschwerden verursachen kann. Zu den vereinzelten Nebenwirkungen von Chinin, die insbesondere bei einer Überdosierung auftreten können, gehören:

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Verdauungsbeschwerden
  • Atemprobleme
  • Sehstörungen
  • Kopfschmerzen
  • Tinnitus
  • Hautausschlag
  • Herzrhythmusstörungen
  • Nierenschäden
  • Innere Blutungen

Diese Nebenwirkungen sind in erster Linie aus der Behandlung von Malaria mit Chinin bekannt, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts in dieser Form durchgeführt wurde. Doch es gibt auch vereinzelte Fälle, in denen diese Nebenwirkungen nach dem Konsum chininhaltiger Getränke aufgetreten sind – auch ohne eine Überschreitung der Dosis. Diese Fälle sind aber sehr selten. 

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt dennoch, nicht mehr als einen Liter chininhaltiger Limonaden zu trinken, wenn diese die maximal zulässige Chininmenge enthalten. Das dient dem Schutz vor unerwünschten Begleiterscheinungen. Kinder und Jugendliche sollten am besten gar keine chininhaltigen Getränke trinken und wenn nur hier und da einen Schluck. 

Wichtig: Zu bedenken ist außerdem, dass chininhaltige Getränke wie zum Beispiel Bitter Lemon viel Zucker enthalten, sogar mehr als Cola. Während Cola auf 9,5 Zuckerwürfel pro Glas mit 250 ml Flüssigkeit kommt, sind es bei Bitter Lemon 10 Zuckerwürfel. Zucker ist schlecht für die Zähne, fördert Übergewicht und lässt den Blutzuckerspiegel ansteigen, weshalb zuckerhaltige Getränke im Rahmen einer gesunden Ernährung am besten eh gar nicht oder nur in Maßen konsumiert werden sollten. Ernährungstipps sehen stets kalorienarme Getränke wie Wasser und Tees vor.

Wer sollte auf chininhaltige Getränke verzichten?

Vorsicht ist geboten, wenn bereits chininhaltige Medikamente, zum Beispiel bei Muskel- oder regelmäßigen Wadenkrämpfen eingenommen werden. In einem solchen Fall ist die Gefahr zu viel Chinin einzunehmen groß. Auch bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und anderen Medikamenten schadet es nicht, einen Arzt nach Wechselwirkungen mit Chinin zu fragen. 

Wenn schon mal körperliche Beschwerden nach dem Trinken eines chininhaltigen Getränks aufgetreten sind und somit Verdacht auf eine Überempfindlichkeit besteht, sollten die Alarmglocken ebenfalls angehen. 

Für wen kann Chinin gefährlich werden?

Besonders aufpassen mit dem Geschmacksstoff Chinin müssen schwangere Frauen. Da sowohl eine wehenfördernde Wirkung als auch eine Schädigung des Fötus durch das Chinin nicht ausgeschlossen werden können, wird ihnen vom Verzehr chininhaltiger Getränke gänzlich abgeraten. Trinkt eine Frau in der Schwangerschaft regelmäßig Bitterlimonaden mit Chiningehalt, kann das ungeborene Baby außerdem vom Chinin abhängig werden. 

Bei diesen Vorerkrankungen sollte ebenfalls vom Konsum chininhaltiger Getränke abgesehen werden:

  • Tinnitus
  • Schädigung des Sehnervs
  • Muskelschwäche
  • Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel (G6PD-Mangel), ein Stoffwechseldefekt, der die roten Blutkörperchen betrifft
  • Anämie (Blutarmut)

Bei Herzrhythmusstörungen sollten chininhaltige Getränke nur nach Absprache mit einem Arzt getrunken werden. Dasselbe gilt für die Einnahme von Blut-Gerinnungshemmern.

Welche positive medizinische Wirkung hat Chinin?

Chinin wird heutzutage bei häufig auftretenden nächtlichen Wadenkrämpfen als Mittel verschrieben, das die Muskeln entspannt. Außerdem hat es schmerzstillende und fiebersenkende Eigenschaften. Eine Therapie mit chininhaltigen Medikamenten sollte aufgrund der möglichen Nebenwirkungen immer in Absprache mit einem Arzt erfolgen – seit 2015 sind chininhaltige Medikamente in Deutschland aber eh rezeptpflichtig. Im Zusammenhang mit Covid-19 stand Chinin kurzzeitig im Verdacht, eine heilende Wirkung zu haben – diese These konnte aber nicht belegt werden.

Chininhaltige Medikamente werden meist nur in besonders schweren Fällen verschrieben, zum Beispiel wenn Muskelkrämpfe sehr schmerzhaft sind und nichts anderes bislang gewirkt hat. Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird von der Einnahme gänzlich abgeraten. In den USA, Neuseeland oder Australien ist Chinin als Medikament bei Muskelkrämpfen gar nicht zulässig.

Woraus wird Chinin gewonnen?

Im Jahr 1820 wurde erstmals Chinin aus dem Chinarindenbaum extrahiert. Der Chinarindenbaum wächst in Südamerika, auf der indonesischen Insel Java und im tropischen Afrika. Damals wurde Chinin gegen Fieber und Malaria eingesetzt, was heutzutage synthetische Mittel übernehmen. Insbesondere zu Kolonialzeiten war die Bedeutung chininhaltiger Getränke groß, da sie als Mariaprophylaxe dienten. 

Die Kolonialoffiziere aus dem British Empire waren dankbar für die flüssige und leckere Variante der Prophylaxe in Form von Tabletten und verhalfen den chininhaltigen Erfrischungsgetränken zu ihrem bis heute andauernden Erfolg. 

Fazit: Chininhaltige Getränke gelegentlich genießen ist okay

Für die meisten Menschen sind ein Bitter Lemon oder ein Tonic Water ungefährlich und ab und zu getrunken eine leckere Erfrischung. Allerdings verträgt nicht jeder Mensch Chinin und die bitterstoffhaltigen Getränke sollten mit Vorsicht und nie im Übermaß genossen werden. Schließlich können sie in Ausnahmefällen auch ohne Überdosierung gravierende Symptome wie Ohrensausen, Übelkeit, Herzrhythmusstörungen, Sehstörungen oder im schlimmsten Fall sogar innere Blutungen auslösen – solche Reaktionen sind aber selten. 

Wer jedoch bereits chininhaltige Medikamente einnimmt, sollte mit chininhaltigen Getränken vorsichtig sein. Schwangere Frauen sollten per se darauf verzichten, um den Fötus zu schützen, ebenso Menschen mit Herzproblemen oder Blut-Gerinnungsmedikamenten. Chinin in Getränken muss immer gekennzeichnet sein und die Hersteller haben Obergrenzen, an die sie sich hinsichtlich des Chiningehalts halten müssen. Mehr als ein Liter chininhaltiges Erfrischungsgetränk sollte pro Tag nicht verzehrt werden – doch schon alleine wegen des Zuckergehalts ist das im Rahmen einer gesunden Ernährung nicht angeraten.