Was dürfen Ärzte? Krankschreibung verweigern und Co.

Ärztin mit Stethoskop schreibt Rezept - Close-up
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Angenommen, Sie haben sich mit Ihrem Arzt gestritten, sind aber von seiner fachlichen Kompetenz überzeugt und möchten sein Patient bleiben. Doch plötzlich lehnt es Ihr Arzt ab, Sie weiter zu behandeln.

Darf ein Arzt die Behandlung ablehnen?

Nein, ohne triftige Gründe darf ein Arzt eine Behandlung nicht ablehnen Denn alle Ärzte in Deutschland haben grundsätzlich eine Behandlungspflicht und zwar ohne Ansehen der Person oder der Umstände. So können beispielsweise Mediziner, die den Wunsch eines Patienten nach einer allgemein verständlichen Erläuterung ihrer Maßnahmen nicht erfüllen wollen, die Behandlung nicht plötzlich ablehnen, nur weil ihnen der Patient plötzlich als zu schwierig” erscheint.

Allerdings gibt es auch Ausnahmen von der ärztlichen Behandlungspflicht

Eine solche Ausnahme ist immer dann gegeben, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nachhaltig gestört ist. Eine hitzige, aber dennoch sachliche Auseinandersetzung, zum Beispiel wegen einer bestimmten Therapie, fällt sicher nicht unter diese Formulierung. Ganz anders sähe es jedoch aus, wenn ein Patient seinen Arzt körperlich angreifen, ihn wüst beschimpfen oder in der Praxis etwas stehlen würde.

Haben Patienten Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen?

Folgendes kommt in den meisten Fällen vor, wenn ein Patient den Arzt wechselt: Der alte Arzt verweigert seinem wechselwilligen Patienten die Herausgabe seiner Krankenunterlagen mit dem Hinweis, diese gehörten ihm nicht. Letzteres ist unstrittig, da die Krankenunterlagen demjenigen Arzt gehören, der sie anfertigte. 1982 entschied der Bundesgerichtshof in einem so genannten Grundsatzurteil, dass Patienten einen Anspruch auf Einsicht in ihre Behandlungsunterlagen haben. Die persönlichen Gründe dafür spielen in dem Fall keine Rolle.

Darüber hinaus ist ein Arzt verpflichtet, seine gesamten Unterlagen denjenigen Kollegen zur Verfügung zu stellen, die seinen Patienten in Zukunft behandeln. Dies kann entweder in Form der Originale oder als Kopien geschehen. Die Kosten für Kopien tragen die Patienten selbst.

Können Ärzte die Verschreibung bestimmter Medikamente verweigern?

Grundsätzlich hat der Patient Anspruch auf eine Behandlung nach den neuesten gesicherten Erkenntnissen der Medizin. Ein Arzt ist aus diesem Grund beispielsweise nicht befugt, medizinisch überholte Medikamente zu verschreiben. Andererseits ist ein Arzt nicht verpflichtet, den Wunsch des Patienten nach einem bestimmten Präparat zu erfüllen. Er muss in jedem Fall nach seiner medizinischen Überzeugung handeln, wenn er damit zum Besten des Patienten zu handeln glaubt. Allerdings kann kein Arzt gegen den Willen des Patienten entscheiden, egal wie überzeugt er von seinen Argumenten ist. Für eine Situation wie oben beschrieben gibt es aus dem Grund nur eine Lösung: einen Arztwechsel. Im Zweifelsfall passen Patient und Arzt nicht zueinander und daher führt man im optimalen Fall die Behandlung nicht fort.

Kann ein Arzt eine Krankschreibung verweigern?

Ja. Ein Arzt hält sich bei der Ausübung seiner Tätigkeit an das ärztliche Berufsrecht. Dieses verpflichtet ihn, alle Maßnahmen auf Grund begründeter Einschätzungen und Fakten zu treffen. Eine Krankschreibung („Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“) gilt als eine solche medizinische Maßnahme.

So ist es möglich, dass ein Arzt zu dem Schluss kommt, ein Patient sei zwar krank, dadurch jedoch nicht arbeitsunfähig. In solchen Fällen verweigert er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus rechtlichen Gründen. Schreibt ein Arzt seinen Patienten ohne nachvollziehbaren Grund krank, können ihn der Arbeitgeber und die Krankenversicherung des Patienten später auf Schadenersatz verklagen. Darüber hinaus drohen dem Arzt wegen des unärztlichen Verhaltens Probleme mit der Ärztekammer. Es ist allerdings das gute Recht eines jeden Patienten, einen anderen Arzt aufzusuchen und sich erneut untersuchen zu lassen.

Gibt es für Ärzte eine Verpflichtung zum Hausbesuch?

Die Berufsordnung der Ärzte verankert die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung. Dazu gehören auch Hausbesuche. Des Weiteren schließen Sie als Patient mit Ihrem Arzt einen „Behandlungsvertrag“, der einen Hausbesuch einschließt.

Ein Behandlungsvertrag bezeichnet einen Vertrag ohne Unterschrift, den Arzt und Patient abschließen und der durch einverständliches Handeln beider Seiten zustande kommt. Inhalt des Vertrages ist die Durchführung Ihrer medizinischen Behandlung. Diesem Vertrag schuldet niemand Erfolg. Der Arzt verpflichtet sich dazu, die medizinische Behandlung mit aller ihm zur Verfügung stehenden Sorgfalt durchzuführen, die Ergebnisse mitzuteilen und die Schweigepflicht zu wahren. Der Behandlungsvertrag beginnt mit der Vereinbarung eines Termins und endet mit dem Ende der Behandlung.

Ferndiagnosen zur Umgehung eines Hausbesuches

Sie möchten einen Termin für einen zeitnahen dringenden Hausbesuch bekommen. Aber die Sprechstundenhilfe oder der Arzt versuchen, telefonisch alles Notwendige zu besprechen. Solche Ferndiagnosen sind nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes nicht statthaft. Zur Diagnosestellung darf sich ein Arzt nicht auf die Aussagen von Patienten oder Angehörigen am Telefon verlassen. Er muss sich ein eigenes Bild vor Ort machen. Entschuldigt ist er, wenn er sich zur fraglichen Zeit um andere Patienten kümmerte oder ohne eigenes Verschulden den Besuch nicht durchführen konnte (z.B. defektes Auto). In dem Fall muss er organisieren, dass sich ein Kollege um den Patienten kümmert.

Natürlich gibt es im „Notfall“ keine Hausbesuchspflicht. Bekommt Ihr Arzt den Eindruck einer lebensbedrohlichen Situation aufgrund der geschilderten Probleme, ruft er sofort den Rettungswagen. Abends, nachts und am Wochenende kann Ihr Arzt Sie an den ärtzlichen Bereitschaftsdienst verweisen und muss nicht selbst losfahren, wenn er keinen Dienst hat. Der Bereitschaftsarzt ist im Rahmen seines Dienstes ebenfalls zu Hausbesuchen verpflichtet. Im „Normalfall“ erhalten Sie innerhalb der Sprechstundenzeit ein Recht auf einen Hausbesuch. Für Ihren Arzt besteht bei medizinischer Indikation die Pflicht eines Besuchs. Eine medizinische Indikation liegt vor, wenn der Arzt eine medizinisch begründete Dringlichkeit sieht.

Die Kosten eines Hausbesuches

Sind Sie gesetzlich versichert, bezahlt Ihre Krankenkasse. Privat Versicherte bezahlen ein Wegegeld. Die Höhe regelt die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Diese richtet sich nach der Entfernung für den Arzt und der Tageszeit des Besuches.

Versorgt ein Arzt mehrere Patienten in einer Wohnung zeitgleich im Rahmen eines Hausbesuches, darf er das Wegegeld nur einmal berechnen oder anteilig in Rechnung stellen. Führt er dagegen in einem Mehrfamilienhaus nacheinander zwei Besuche in getrennten Wohnungen durch, veranschlagt er zweimal Wegegeld. Die Strecke berechnet sich von der Praxis aus, egal wo der Arzt sich vorher befand. Das gilt auch, wenn er im Nachbarhaus vorher jemanden besuchte und den Weg zu Ihnen zu Fuß zurücklegte.

Was tun bei abgelehntem Hausbesuch?

Lehnt ein Arzt einen dringenden Hausbesuch ab, können Sie als Patient Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des Behandlungsvertrages anmelden. Darüber hinaus drohen dem Arzt berufsrechtliche Verfahren. Diese leitet die Ärztekammer vor speziellen Berufsgerichten wegen Verletzung der Berufspflichten ein.

Fazit: Im absoluten Notfall besteht für jeden Arzt immer und überall die Verpflichtung zu helfen. Wenn Sie nicht wegen einer ernsten Erkrankung in die Praxis kommen können, besteht für Ihren Arzt innerhalb der Sprechstundenzeit ebenfalls die Verpflichtung, Sie aufzusuchen und medizinische Hilfe zu leisten. Eine Ablehnung des Besuches ist in wenigen Ausnahmefällen möglich.