Narzissmus kann die Liebe zerstören

Junges Pärchen beim Streit über das Finanzielle
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Egoismus, ein überhöhtes Selbstbild und ein starkes Kontrollbedürfnis – diese Eigenschaften charakterisieren Narzissten. Besonders in romantischen Beziehungen kommen viele ihrer Eigenschaften zum Vorschein. Wer am Anfang noch wie der absolute Traumpartner wirkt, kann sich mit der Zeit zum Albtraum entwickeln.

Eine Beziehung mit einem Narzissten zu führen ist je nach Ausprägung destruktiv und kann sogar gefährlich sein. Die eigenen Bedürfnisse spielen keine Rolle mehr und der Narzisst gibt den Ton an. Häufig hilft dann nur noch eine Psychotherapie.

Was ist Narzissmus?

Der Begriff Narzissmus steht in der Psychologie für eine starke Ausprägung von Egoismus, einhergehend mit Selbstverliebtheit und dem überhöhten Selbstbild einer Person. Narzissmus kann viele verschiedene Ausprägungen haben. Nicht jeder narzisstische Charakterzug bedeutet gleich eine behandlungsbedürftige Persönlichkeitsstörung. Entscheidend ist jedoch wie der Betroffene sein eigenes Verhalten wahrnimmt, ob er darunter leidet und wie sein Umfeld unter ihm leidet. Besonders in einer Paarbeziehung kann Narzissmus extreme Züge annehmen. Narzissten werden einige typische Eigenschaften zugeschrieben.

Sie sind:

  • selbstverliebt
  • egoistisch
  • arrogant
  • überheblich
  • nicht kritikfähig
  • neidisch auf andere

und:

  • sie leiden unter Selbstüberschätzung
  • sie haben überhöhte Ansprüche an ihre Umgebung
  • es mangelt ihnen an Empathie.

Bei vielen dieser Anzeichen ist der Narzissmus sehr wahrscheinlich krankhaft und behandlungsbedürftig. Wenn nur einige dieser Anzeichen auftreten, ist der Narzissmus vielleicht nicht gleich krankhaft. Das Zusammenleben mit einem Menschen mit diesen Eigenschaften ist aber trotzdem schwierig.

Charakteristisch für einen Narzissten ist, dass er sein Verhalten nicht als problematisch ansieht. Er kann keine Einsicht zeigen und versucht immer alles so zu drehen, dass er das Opfer ist. Dies macht es besonders dann schwer, wenn der Partner diese Opferrolle auch annimmt und sich selber die Schuld an den Beziehungsproblemen gibt.

Wichtig: Die Arroganz und Überheblichkeit von Narzissten zeugen nicht von einem starken Selbstbewusstsein. Vielmehr ist ihr Selbstwert gering und sie wollen ihn durch die Abwertung anderer erhöhen und sich dadurch besser fühlen. Sie benötigen viel Anerkennung, Bestätigung und Lob und versuchen dies mit allen Mitteln zu erreichen.

Narzissmus von Egoismus unterscheiden

Egoismus ist menschlich und in der heutigen Zeit bei vielen Menschen stark ausgeprägt. Da Selbstliebe Teil einer gesunden Persönlichkeit ist, hat auch jeder Mensch narzisstische Züge in sich. Wer seine eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund stellt, ist nicht gleich ein Narzisst. Auch nicht alle, die Probleme haben, Empathie zu zeigen, sind Narzissten.

Wenn der Egoismus aber weit über das normale Maß hinaus geht und die Bedürfnisse des anderen in einer Beziehung verdrängt werden, dann kann von Narzissmus die Rede sein. Immer dann, wenn einer der beiden Partner unter der Situation leidet, ist das Gleichgewicht der Beziehung verloren gegangen und es besteht Handlungsbedarf.

Beziehung mit einem Narzissten: Zuckerbrot und Peitsche

Häufig ist in einer Beziehung mit einem Narzisst gerade am Anfang alles noch sehr schön. Er gibt sich selbstbewusst, ist sehr bemüht, höflich, zuvorkommend und übernimmt die Beschützerrolle. Narzissten sind häufig besonders eloquent, humorvoll und wirken sehr sympathisch und vereinnahmend. Sie überlegen sich abwechslungsreiche Dates, schenken dem anderen viel Aufmerksamkeit und geben dem anderen das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein.

Oft entwickelt sich so eine starke Bindung zwischen zwei Personen und die Liebe wächst. Wenn die Euphorie der Anfangszeit aber nachlässt und langsam der Alltag einkehrt, zeigt der Partner sein wahres Gesicht. Häufig finden sich in narzisstischen Beziehungen zwei extreme Gegensätze wie zum Beispiel „der starke Mann, der seine schüchterne Partnerin beschützt“. Narzissten schaffen es ihren Partner emotional an sich zu binden und ihn dann immer wieder zu erniedrigen, um ihr eigenes Selbstwertgefühl zu steigern. Liebevolle Phasen wechseln sich mit Herabwürdigung ab. So entsteht beim Partner eine Abhängigkeit, die bis hin zur Selbstaufgabe gehen kann. Er wird süchtig nach den liebevollen Phasen und nimmt dadurch die Erniedrigung in Kauf. Dass dieses Verhalten gefährlich ist, erkennt er häufig nicht.

So kann sich Narzissmus in einer Beziehung äußern

Freunde, Kollegen oder Bekannte merken oft gar nicht, wenn sie es mit einem Narzissten zu tun haben. In einer Beziehung kommen die Charakterzüge eher und deutlicher zum Vorschein. Zahlreiche Eigenschaften und Angewohnheiten können darauf hinweisen, dass der Partner ein Narzisst ist:

  • Er wird immer vereinnahmender
  • er versucht sich Kontrolle über das Leben des anderen zu verschaffen
  • er erniedrigt den Partner, um sich selber besser zu fühlen
  • er fordert viele Gefälligkeiten ein
  • er will bewundert werden und tut alles dafür
  • er ist sehr egoistisch
  • alles dreht sich nur um ihn
  • er stellt Regeln für die Beziehung auf, die er selber nicht einhält
  • er sagt, dass er seinen Freiraum braucht
  • er interessiert sich nicht für die Wünsche und Bedürfnisse des anderen
  • er unterstützt den anderen nicht
  • er lügt, um zu manipulieren
  • auf Kritik reagiert er aggressiv
  • er ist nicht zur Selbstreflexion fähig
  • er zeigt keine Empathie
  • er sieht sich selber immer in der Opferrolle und dreht alles so hin, dass immer die anderen die Schuldigen sind.

In manchen Beziehungen sind einige dieser Aspekte erfüllt, ohne dass deshalb gleich eine narzisstische Persönlichkeitsstörung vorliegt. Häufig handelt es sich dabei aber nur um Phasen. Falls zum Beispiel einer der beiden Partner ein lukratives Jobangebot erhält, ist es nicht gleich krankhaft, wenn er für einige Zeit viel darüber spricht und sich für einen gewissen Zeitraum mehr für seine Belange als die seines Partners interessiert. Vielmehr kann von Narzissmus gesprochen werden, wenn mehrere narzisstische Züge gehäuft auftreten und wenn diese ein Dauerzustand sind.

Beziehung mit einem Narzissten: Weiterführen oder beenden?

Wer in seinem Partner einen Narzissten vermutet, sollte sich fragen: Werden meine Bedürfnisse und Wünsche in der Beziehung überhaupt noch berücksichtigt? Eine Beziehung mit einem Narzissten ist sehr herausfordernd und häufig zerstörerisch. Durch die emotionale Abhängigkeit schaffen es Narzissten, die Kontrolle über ihren Partner zu erlangen und ihn emotional von sich abhängig zu machen. Eine Trennung ziehen die Partner daher häufig lange nicht in Erwägung. Oft braucht es ein auslösendes externes Ereignis wie zum Beispiel einen Seitensprung, damit die Beziehung infrage gestellt wird.

Um eine Beziehung mit einem Narzissten zu führen, benötigt es besondere Eigenschaften:

  • Starkes Selbstwertgefühl
  • eigenen Willen entgegensetzen
  • keine Konflikte scheuen
  • den anderen in seine Schranken weisen.

Handelt es sich um eine krankhafte Form von Narzissmus, gibt es wenig Hoffnung für die Beziehung. Narzissten vertragen keine Kritik und verhalten sich dementsprechend irrational. Sie werden nicht erkennen, dass sie ihrem Partner seelisches Leid zufügen und Hilfe benötigen. Sie vertauschen immer wieder die Opfer- und Täterrolle und suchen die Fehler bei anderen, nie bei sich. Rationale Argumente verstehen sie nicht, wodurch selbst ein robustes Konfliktverhalten des Partners nicht viel bringt.

Wie stark ist der Narzissmus ausgeprägt?

Entscheidend über die mögliche Aufrechterhaltung der Beziehung ist die Ausprägung des Narzissmus. Wer das Gefühl hat, dass er zu seinem Partner noch einen Zugang hat und dass er einsichtig ist oder sogar sein Verhalten ändert, kann versuchen die Beziehung weiterzuführen. Wichtig ist, dass noch genug Liebe übrig ist und diese nicht zu stark durch Konflikte gelitten hat.

Schließlich kann das Verhalten eines Narzissten die größte Liebe zerstören, auch wenn der Partner das Narzissten nicht sofort merkt. Er befindet sich in einer Abhängigkeit und definiert vielleicht sogar sein Glück über den narzisstischen Partner. Er hat das Gefühl, dass er alleine nicht mehr zurechtkommen würde und sieht die Schuld für die Probleme in der Beziehung bei sich.

Viele Narzissten suchen sich bewusst Partner, die sich auch bereitwillig in die Opferrolle drängen lassen. Vielleicht haben sie vorher schon schlechte Beziehungserfahrungen gemacht und sind es gewöhnt in einer Partnerschaft, um Liebe und Anerkennung kämpfen zu müssen. Für sie erscheint das narzisstische Verhalten dann zunächst normal.

Wann sollte ich mich trennen?

In einer gesunden Beziehung überwiegen Glück und die empfundene Bereicherung durch die Beziehung die negativen Seiten und die Konflikte. Wird die Beziehung nicht mehr als glücklich empfunden, sondern bringt nur noch negative Energien, Streit und Ärger mit sich, ist es an der Zeit sich zu trennen.

Wer kurz vor der Selbstaufgabe für den Partner steht, bringt auch sich selber in Gefahr. Die eigenen Bedürfnisse spielen keine Rolle mehr, das Selbstwertgefühl ist am Boden und die Beziehung ein Scherbenhaufen. Möglicherweise benötigt dann nicht nur der Narzisst eine Therapie, sondern auch sein Partner. Schließlich sind die emotionalen Schäden, die ein solches Verhalten anrichten kann, nicht zu unterschätzen. Wer aus einer Beziehung mit einem Narzissten kommt, läuft Gefahr, wieder an einen zu geraten. Schließlich ist die Verliebtheitsphase der Beziehung sehr schön und verspricht neues Glück.

So kann es nach der Trennung weitergehen

Auch wenn Narzissten ihre Partner nicht schlagen oder handgreiflich werden – die langsame aber sichere Zerstörung des Selbstwertgefühls des anderen hinterlässt ebenfalls Narben. Problematisch ist, dass es vielen Partnern von Narzissten schwerfällt, sich zu trennen. Schließlich ist die emotionale Abhängigkeit stark und sie wollen ihren Partner oft gar nicht verlassen. Hier können Gespräche mit Freunden, Familienmitgliedern oder einem Psychotherapeuten helfen, falls es mit eigenen Mitteln nicht geht. Ist der Schritt der Trennung gemacht, können einige Schritte helfen diese zu überwinden:

  • Wichtig ist, das eigene Selbstwertgefühl wiederaufzubauen und zu verstehen, dass man mehr verdient hat als Erniedrigung und emotionale Abhängigkeit. Selbstfürsorge ist ein wichtiges Stichwort.
  • Freunde, Familie oder Therapeuten können dabei unterstützen, die Beziehung zu verarbeiten und die Probleme zu verstehen.
  • Konsequenz ist wichtig! Durch die emotionale Abhängigkeit schaffen es Narzissten häufig leicht, sich wieder in das Leben des anderen zu drängen.
  • Falls der narzisstische Ex-Partner mit Drohungen, Gewalt, Stalking oder Selbstverletzung droht, ist professionelle Hilfe gefragt.

Zusammenfassung: Narzissmus

Narzissmus ist eine übersteigerte Form von Egoismus, die in der Erniedrigung des Partners zur Steigerung des eigenen Selbstwertgefühls resultiert. Eine Beziehung mit einem Narzissten ist oft schwierig und destruktiv. Wenn es sich um eine krankhafte Form des Narzissmus handelt und der Partner nicht zur Einsicht bereit ist, hilft oft nur noch eine Psychotherapie. Der Partner des Narzissten leidet stark unter der Beziehung – häufig wurde sein eigener Selbstwert durch den anderen zerstört. Bei der Trennung können Freunde, Familien und Therapeuten helfen – Einsicht ist der erste und wichtigste Schritt.