Qi-Fluss anregen – Mit praktischen Übungen für zu Hause
- Was versteht die Traditionelle Chinesische Medizin unter Qi?
- Welche Formen des Qi unterscheidet man?
- Wie entsteht ein Qi-Mangel und wie verhindert man ihn?
- Wie entstehen Blockaden im Qi-Fluss?
- Wie lässt sich der Qi-Fluss anregen und Balance herstellen?
- Welche Übungen bieten sich an, um die Lebensenergie Qi zu stärken?
- Fazit: Fluss der Lebensenergie selbst in die Hand nehmen
Die Lebensenergie Qi soll aus Sicht des Daoismus und der Traditionellen Chinesischen Medizin den menschlichen Körper wie auch seine Umwelt durchströmen. Aufnehmen können Lebewesen das Qi sowohl über den Atem als auch über Nahrungsmittel. Gemäß der alternativen Medizinschule ist es für die Gesundheit entscheidend, dass die Lebensenergie ungehindert durch den Körper fließen kann. Der folgende Artikel zeigt Ihnen, welche verschiedenen Qi-Formen es gibt und wie Koordinationsübungen den Strom des Qi durch den Körper unterstützen sollen.
Was versteht die Traditionelle Chinesische Medizin unter Qi?
Qi (gesprochen: Tschi) ist in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) die Bezeichnung für die Lebensenergie. In dieser alternativen Medizinschule wird ihr eine besondere Bedeutung für die körperliche wie auch psychische Gesundheit beigemessen.
Die Lebensenergie Qi findet sich gemäß der TCM sowohl in Körper und Seele des Menschen als auch in seiner Umgebung. Aus dieser Sicht ist es für das allgemeine Wohlbefinden wichtig, dass der Organismus ausreichend und gleichmäßig mit Qi versorgt ist. Krankheit und gesundheitliche Probleme resultieren in dem alternativen Modell aus einem Qi-Mangel, also einem Ungleichgewicht im Energiefluss durch den Körper oder einer Qi-Blockade.
Welche Formen des Qi unterscheidet man?
Ursprünglich kommt der Begriff Qi aus der philosophischen Denkströmung des Daoismus. Demzufolge ist die Welt aus dem ursprünglichen und reinen Qi (Yuangqi) entstanden. In der TCM wurden allerdings mit der Zeit verschiedene Einteilungen vorgenommen.
Die Lebensenergie Qi lässt sich gemäß TCM-Experten auf drei verschiedene Weisen gliedern:
- Qi-Formen nach ihrem Ursprung: Es werden himmlisches, Nahrungs- und Ursprungs-Qi unterschieden. Das himmlische Qi findet seinen Weg in den menschlichen Körper über die eingeatmete Luft, das Nahrungs-Qi über die Ernährung. Das ursprüngliche Qi ist gemäß der TCM in der Erbsubstanz enthalten.
- Formen des Qi nach Veränderlichkeit: Das Nahrungs-Qi wird oftmals auch mit dem vorgeburtlichen Qi kontrastiert. Diese pränatale Form des Qi wird durch die Eltern beeinflusst, ist ab der Geburt verfügbar und unveränderlich. Im Kontext der Gesundheitserhaltung spielt daher vor allem das Nahrungs-Qi eine Rolle – gesunde Ernährung ist nicht ohne Grund eine wichtige Säule der TCM.
- Qi-Formen nach Organen: Insgesamt finden in der TCM zwölf Organe Berücksichtigung – darunter Leber und Milz ebenso wie Lunge, Dickdarm oder Gallenblase. Jedes der Organe soll Energie speichern. Die Energie aus der Milz würde man beispielsweise als Milz-Qi bezeichnen. Energiemangel, Ungleichgewichte oder Blockaden lassen sich meist einem Organ zuordnen. Dieses stellt dann in der Regel das Ziel bzw. den Ausgangspunkt der TCM-Behandlung dar.
Wie aus dieser Aufzählung deutlich wird, handelt es sich bei den verschiedenen Formen des Qi gemäß der TCM nicht nur um ein Modell. Vielmehr halten Vertreter der Alternativen Medizin das Qi in seinen verschiedenen Manifestationen für etwas Erfahrbares und Kultivierbares (z. B. durch Atem oder Ernährung).
Wie entsteht ein Qi-Mangel und wie verhindert man ihn?
Als Ursache für zu wenig Lebensenergie erachtet die TCM Fehler in der Lebensführung. Dafür verantwortlich können laut der Medizinschule sein:
- ungesunde Ernährung
- mangelnde Bewegung
- zu viel Stress
- zu wenig Schlaf
Die gute Nachricht aus Sicht der TCM ist: Allein mit diesen Punkten lässt sich einem Qi-Mangel hervorragend vorbeugen. Dafür gilt es, Warnzeichen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.
Qi-Mangel macht der TCM nach vor allem an körperlicher und geistiger Erschöpfung bemerkbar. Auch wer schnell aus der Puste und ins Schwitzen gerät, hat gemäß Vertretern der alternativen Heilkunde möglicherweise zu wenig Qi. Sogar spezifische Organstörungen können in der Vorstellung der TCM von einem Qi-Mangel herrühren.
Wie entstehen Blockaden im Qi-Fluss?
Blockaden im Fluss der Lebensenergie lassen sich in der Vorstellung der TCM auf verschiedene Faktoren zurückführen. Sie sollen zu charakteristischen Schmerzen in den betroffenen Körperregionen führen und daher nach Möglichkeit vermieden werden.
Diese Einflüsse stören das Qi besonders häufig:
- Wetterfaktoren, besonders Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Trockenheit und Wind
- seelische Belastungen, z. B. Kummer, Ängste oder unterdrückte Gefühle
- falsche Ernährung
- ansteckende Erkrankungen
Je nachdem, welche Einflüsse verantwortlich sind, kommen andere TCM-Methoden infrage.
Der TCM nach lassen Sie es im besten Fall weder zu einem Qi-Mangel noch zu Blockaden im Qi-Fluss kommen. Wichtig ist dafür zu sorgen, dass die Lebensenergie immer ungestört fließen kann. Zu diesem Zweck legt die TCM ihren Anwendern eine Reihe an Methoden nahe.
Wie lässt sich der Qi-Fluss anregen und Balance herstellen?
Hauptansatzpunkt der TCM-Behandlung sind Energieleitbahnen, die den gesamten Körper durchziehen sollen. Den Energiefluss können einerseits Experten herstellen (z. B. Akupunktur), andererseits soll er sich mithilfe von Körperübungen oder ausgewogener Ernährung auch eigenständig unterstützen lassen.
Die Energieleitbahnen (Meridiane) durchziehen TCM-Experten zufolge jeden Teil des Körpers und finden sich in zweifacher Ausführung – einmal in der rechten und einmal in der linken Körperhälfte. Die Meridiane lassen sich gemäß der TCM verschiedenen Organen (z. B. Blase, Herz, Dünndarm oder Niere) und den fünf Elementen (Holz, Wasser, Erde, Feuer, Metall) zuordnen. Das Element Luft gehört nicht dazu. Je nach Beschwerden bestimmen Experten dieser Medizinschule verschiedene Elemente, Organe und damit Meridiane als Ziel bzw. Ausgangspunkt der Behandlung. Doch die TCM sieht auch verschiedene Praktiken vor, mit denen Menschen ihre Gesundheit selbst in die Hand nehmen können.
Die fünf Säulen der TCM geben hierfür einen Überblick:
- Säule – Akupunktur und Moxibustion: Lokale Therapie mit Nadeln bzw. Wärme
- Säule – Arzneimittel: Chinesische Arzneimitteltherapie, v. a. mit Heilpflanzen
- Säule – Koordinationsübungen: Qigong und Taiji/Tai Chi
- Säule – Massage: Tuina-Massage oder Akupressur an den Akupunkturpunkten
- Säule – Ernährung: V. a. pflanzliche und wenig tierische Nahrungsmittel
Insbesondere Koordinationsübungen lassen sich mit etwas Routine in den Alltag integrieren und gezielt einsetzen.
Welche Übungen bieten sich an, um die Lebensenergie Qi zu stärken?
Qigong ist eine Bewegungskunst, die sich auch im höheren Alter ohne Probleme praktizieren lässt. Sie beinhaltet Übungen für jedes Organsystem und das damit verknüpfte Element.
Im Folgenden finden Sie eine Beispiel-Übung pro Element. Neben anschaulicher Anleitung hält jeder Abschnitt auch eine Erklärung der Wirkweise aus TCM-Sicht bereit.
1. Holz: Übung für den Gallen-Meridian
Techniken für das Element Holz sprechen laut der TCM den Gallen- und den Leber-Meridian an. Die folgende Übung soll zur Verbesserung der Dehnbarkeit, Durchblutung, Verdauung und allgemeine Befindlichkeit beitragen.
Gehen Sie folgendermaßen vor:
- Setzen Sie sich auf den Boden, sodass Ihre Sitzbeinhöcker geerdet sind.
- Grätschen Sie die Beine so weit auseinander, dass Sie eine angenehme Dehnung spüren.
- Falten Sie die Hände und drehen Sie die Handfläche nach außen (von sich weg).
- Gehen Sie in die Vorbeuge, indem Sie die Hände auf das rechte Bein legen (gehe Sie nur so weit vor, dass Sie eine leichte Dehnung spüren).
- Nehmen Sie ein paar tiefe Atemzüge in dieser Position und gehen Sie nach Möglichkeit noch tiefer in die Dehnung.
Diese Übung führen Sie daraufhin noch auf der anderen Seite durch.
2. Feuer: Übung für den Dünndarm-Meridian
Bewegungsübungen für den Dünndarm-Meridian sollen insbesondere die Verdauung unterstützen. Dafür kommt es auch eine tiefe Bauchatmung an. Folgende Schritte sprechen gemäß der TCM Energieleitbahnen im Dünndarm an:
- Finden Sie den Weg in den Schneidersitz.
- Verschränken Sie Hände und Finger, bevor Sie die Füße mit den Händen greifen.
- Beugen Sie nun den Oberkörper so, dass sich Ihr Rücken rundet und der Kopf nach unten hängt.
- Atmen Sie ein paar Mal tief in den Bauch ein.
3. Erde: Übung für den Milz-Meridian
Insbesondere nach langem Sitzen kann es dem Körper an Beweglichkeit fehlen. Er fühlt sich steif und verspannt an. In diesem Fall kann aus Sicht der TCM eine Übung für den Milz- und Magenmeridian helfen. Ausgangspunkt dieser Übung ist der schulterbreite Stand mit gestreckten, aber nicht durchgedrückten Knien. Die Schultern sind gestrafft und die Arme befinden sich neben dem Körper.
- Verlagern Sie Ihr Gewicht auf das rechte Bein und setzen Sie den linken Fuß nach vorne bis die Zehen am Boden ankommen.
- Halten Sie diese Position.
- Heben Sie zusätzlich den linken Arm über den Kopf und drehen Sie die Handfläche nach oben.
- Die rechte Hand bleibt im Schoß und die Handfläche zeigt nach unten.
- Intensivieren Sie die Haltung, sodass Sie eine Dehnung im gesamten Oberköper spüren (Sie können sich dafür vorstellen, dass Sie den Körper ausgehend von Ihren Händen auseinanderziehen).
Nach einigen Atemzügen lösen Sie die Haltung auf und wechseln die Seite.
4. Metall: Übung für den Lungen-Meridian
Langes Sitzen kann nicht nur für Verspannungen sorgen, sondern auch für eine nach vorne gebeugte Körperhaltung. Diese lässt der Lunge allerdings kaum Raum für die Atmung. Die TCM hält dem Techniken für den Lungen-Meridian entgegen. Diese setzen meist auf eine ausgiebige Dehnung der vorderen Körperseite. Im Qigong wird der Lungen-Meridian beispielsweise mit folgender Übung angesprochen:
- Begeben Sie sich in einen schulterbreiten Stand mit angenehm gestreckten Beinen und gestrafften Schultern.
- Verhaken Sie Ihren rechten und linken Daumen hinter dem Rücken und strecken Sie die restlichen Finger durch.
- Atmen Sie tief ein.
- Beugen Sie Ihren Oberkörper mit der Ausatmung nach vorne und lassen die verschränkten Daumen nach vorne gleiten.
- Atmen Sie tief durch und bleiben Sie mindestens drei Atemzüge in der Position.
5. Wasser: Übung für den Nieren-Meridian
Auch Rückenschmerzen sind keine Seltenheit. Bei leichten Verspannungen empfiehlt die TCM unter anderem folgende Übung für den Nieren- und Blasenmeridian:
- Beginnen Sie im Fersenschlusstand – also stehend mit gestreckten Schultern, aufrechtem Oberkörper und zusammengezogenen Fersen, sodass die Füße ein Dreieck bilden.
- Falten Sie die Hände vor dem Körper ineinander und drehen Sie die Handflächen nach außen.
- Bewegen Sie die Hände achtsam nach oben über den Kopf, sodass die Handflächen in Richtung Himmel zeigen.
- Spüren Sie in die Dehnung des Rumpfes hinein und verharren Sie für ein paar Atemzüge in dieser Haltung.
- Beugen Sie den Oberkörper daraufhin nach vorne und bewegen Sie die verschränkten Arme langsam nach unten.
- Die Handflächen sollten zum Boden zeigen und die Arme angenehm gestreckt sein.
- Die Beine bleiben ebenfalls möglichst gestreckt, jedoch so, dass sich die Dehnung noch angenehm anfühlt.
- Atmen Sie auch in dieser Position tief ein und aus.
- Lösen Sie die Haltung, indem Sie die Knie ein wenig beugen und dann Wirbel für Wirbel in den Stand aufrollen (der Kopf folgt zuletzt).
Fazit: Fluss der Lebensenergie selbst in die Hand nehmen
Ihre Wurzeln hat die Traditionellen Chinesische Medizin im Daoismus und damit in den Erkenntnissen der Philosophie. Aufbauend auf dem Konzept der Lebensenergie Qi und Jahrtausenden an Erfahrung entwickelte sich ein umfassendes Heilsystem. Hierzulande kommt TCM vor allem zur Gesundheitsförderung zum Einsatz.
Sei es eine ausgewogene Ernährung oder das Praktizieren von Qigong – alle Maßnahmen der alternativen Medizinform zielen darauf ab, den Qi-Fluss anzuregen und so das körperliche wie auch seelische Wohlbefinden zu fördern. Bei anhaltenden Beschwerden gilt es jedoch unbedingt, eine schulmedizinische Behandlung vorzuziehen.