Unfruchtbarkeit bei Männern: Ursachen und Behandlung
Über einen langen Zeitraum hat sich der Irrglaube gehalten, dass es an der Frau liegt, wenn es mit dem schwanger werden nicht klappt. Er ist in den 1980er Jahren etablierte sich das Denken, dass es ja auch am Mann liegen kann. Dabei ist die Fruchtbarkeit von Männern unter 30 Jahren laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation seit den 1980er Jahren sogar um 15 Prozent gesunken.
Wieso sind immer mehr Männer unfruchtbar?
Die Gründe dafür können nicht eindeutig benannt werden, sondern sind wahrscheinlich ein komplexes Zusammenspiel. Mehr Umweltgifte, schädliche Stoffe aus der Nahrung, eine veränderte Lebensweise, mit Hormonen belastetes Trinkwasser und vieles mehr wirken sich auf die Gesundheit aus und können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Auch die Strahlung des Smartphones in der Hosentasche kann laut Studien Auswirkungen auf die Spermienqualität haben, wissenschaftlich nachgewiesen ist dies bisher aber nicht.
Um es bis in die Eizelle zu schaffen und diese auch zu befruchten, müssen die Spermien des Mannes gesund und beweglich sein. Sind zu wenige Spermien vorhanden oder sind diese zu langsam oder zu unbeweglich, klappt es mit der Befruchtung nicht. Organische Ursachen, Hormonstörungen oder genetische Vorbelastungen haben ebenso Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit wie die Lebensweise und das Alter.
1. Organische Ursachen
Spermien werden in den Nebenhoden produziert und gelangen dann durch die Samenleiter in die Harnröhre. Durchtrennte oder verklebte Samenleiter können daher die Ursache für Unfruchtbarkeit sein. Wenn dieser Transportweg nicht frei ist, können die Samen nicht an ihr Ziel gelangen. Die möglichen Gründe für beschädigte Transportwege sind vielfältig:
- Unbehandelte Geschlechtskrankheiten wie zum Beispiel Chlamydien (Chlamydien sind Bakterien und die Krankheit ist die am häufigsten sexuell übertragene Infektion in Deutschland).
- angeborene Fehlbildung der Samenleiter
- Bei einer Operation wie sie zum Beispiel bei einem Leistenbruch nötig ist, wurden die Samenleiter beschädigt oder durchtrennt
- Entzündungen der Hoden, Nebenhoden oder der Prostata können die Spermienproduktion verhindern. Eine Harnröhrenverengung kann dafür sorgen, dass beim Orgasmus nicht genügend Spermien herausgeschleudert werden.
Auch weitere organische Ursachen können bei Männern zur Unfruchtbarkeit führen. Die sogennante Mumpsorchitis ist eine Ursache, die sich im Nachhinein nicht mehr nachweisen lässt. Sie tritt in der Pubertät im Zusammenhang mit Mumps auf und kann in jungen Jahren unbehandelt Verhärtungen im Hodensack auslösen, die die Fruchtbarkeit nachhaltig einschränken.
Falls im Laufe des Lebens mal eine Chemotherapie durchgeführt werden musste, wirkt sich das ebenfalls negativ auf die Qualität der Spermien aus.
Selbstverständlich muss es überhaupt erst mal zum Geschlechtsverkehr kommen, damit eine Befruchtung stattfinden kann. So können Erektionsstörungen Sex von vornherein unmöglich machen. Hier gibt es aber andere Möglichkeiten auf die Paare zurückgreifen können. Zu nennen wäre zum Beispiel eine künstliche Befruchtung oder vielleicht sogar die Hilfe von potenzsteigernden Mitteln (Viagra) oder Vakuumpumpen für den Penis.
2. Hormonstörungen
Während Hormonstörungen bei Frauen die häufigste Ursache für Unfruchtbarkeit sind, sind sie bei Männern etwas seltener. Die häufigste hormonelle Ursache bei Männern kann in der Fehlproduktion der Hormone FSH und LH liegen. Sie sind für die Testosteronproduktion zuständig und wirken auf die Neubildung von Spermien im Hoden. Ein wichtiger Regulator des Hormonhaushalts ist die Schilddrüse. Männer, die Probleme mit der Fruchtbarkeit haben, sollten demnach ihre Schilddrüsenwerte checken lassen, um an dieser Stelle gegebenenfalls ansetzen zu können.
Durch Trinkwasser und Nahrungsmittel nehmen auch Männer immer mehr Östrogen auf. Dieses gelangt über den Urin von Frauen, die die Pille oder andere hormonelle Verhütungsmittel nehmen, ins Grundwasser. Zu viel Östrogen wirkt sich negativ auf die Spermienproduktion aus.
3. Genetische Ursachen
Männer, die unter dem sogenannten Klinefelter-Syndrom leiden, können erst gar keine Spermien produzieren. Deletion heißt eine weitere genetische Ursache, die zur Unfruchtbarkeit führen kann. Dabei werden erst gar keine Spermien gebildet. Wer bisher nichts von einem vorliegenden Gendefekt weiß, kann auf Basis der Anzahl der gebildeten Spermien unter Umständen darauf schließen lassen. Je weniger Spermien nachgewiesen werden können, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines genetischen Defekts.
4. Lebensweise
Die Lebensweise trägt erheblich zur Fruchtbarkeit des Mannes bei. Besonderes Rauchen hat einen starken Einfluss auf die Spermienqualität und kann diese langanhaltend schädigen. Stress kann ebenfalls Auswirkungen auf die Qualität der Spermien haben und die Produktion einschränken. Wenn sowohl beim Mann als auch bei der Frau keine medizinischen Ursachen vorliegen, die für eine Unfruchtbarkeit sprechen und es mit dem Kinderkriegen trotzdem nicht klappt, kann die Reduktion von Stress auf jeden Fall ein begünstigender Faktor sein.
Alkohol, eine ungesunde Ernährung und wenig Bewegung können weitere Ursachen für eine reduzierte Spermienanzahl oder -qualität sein.
5. Alter
Zwar ist das Alter vor allem bei Frauen ein entscheidenderer Faktor für Fruchtbarkeit und Männer können selbst im hohen Alter noch Kinder zeugen. Dennoch nimmt die Fruchtbarkeit auch bei Männern mit dem fortschreitenden Alter ab. Laut einer Studie nimmt der Anteil der beweglichen Spermien jedes Jahr um fast 1 Prozent ab, was besonders bei Männern mit einer ohnehin schon niedrigen Spermienanzahl zu Problemen im Alter führen kann.
Darüber hinaus steigt mit dem Alter des Mannes auch das Risiko für Fehlgeburten und Fehlbildungen bei Kindern. Spermien von Männern entstehen aus Stammzellen, die mit dem 50. Lebensjahr bereits über 600 Zellteilungen durchgemacht haben. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit für Fehler im Erbgut.
Unfruchtbarkeit: Das können Männer tun
Wenn es mit der Schwangerschaft bei der Partnerin nicht klappt, sollten sich auch Männer untersuchen lassen. Dabei wird ein Ultraschall des Hodens angefertigt, die Geschlechtsorgane untersucht und das Ejakulat genauer unter die Lupe genommen. Nur so kann die Anzahl der Spermien und ihre Funktionalität überprüft werden. Weiterhin können eine Hodenbiopsie und eine Untersuchung des Hormonspiegels im Blut Aufschluss über die Fruchtbarkeit des Mannes geben.
Je nach Ursache haben Männer dann verschiedene Möglichkeiten der Behandlung. Hormontherapien, eine Operation der verklebten Samenleiter oder eine psychotherapeutische Behandlung können auf dem Weg zur erfolgreichen Befruchtung helfen. Besonders wenn die Spermien eigentlich fruchtbar sind, nur auf dem Weg nach draußen blockiert werden, haben Männer gute Chancen auf Fortpflanzung. Eine künstliche Befruchtung kann die Lösung sein. Es gibt jedoch auch genetische oder organische Ursachen, die nicht behandelt werden können. In diesem Fall müssen sich Paare mit Kinderwunsch unter Umständen über Alternativen wie zum Beispiel Adoption oder ein Pflegekind Gedanken machen.
Die Beziehung nicht aus den Augen verlieren
Es gibt immer wieder Fälle, bei denen beide Partner in ihrer Fruchtbarkeit medizinisch nicht eingeschränkt sind, es aber trotzdem nicht zur Schwangerschaft kommt. Eine anhaltende Kinderlosigkeit kann sehr belastend für die Beziehung und für den Betroffenen sein, weshalb es umso wichtiger ist, sich als Paar auf diesem schweren Weg nicht aus den Augen zu verlieren.
Gegenseitige Schuldvorwürfe sind Gift und machen die Situation häufig noch schwerer. Verständnis für den Partner und gegebenenfalls die Suche nach anderen Lösungen oder Lebensmodellen können eine Lösung sein. Wer psychisch mit dem unerfüllten Kinderwunsch nicht zurechtkommt, sollte sich in jedem Fall professionelle Hilfe suchen.